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Infrastruktur

27.08.2020

KSG: Covid-Krise zeigt Lücken im Stromnetz auf

Jedes Jahr werden bei den Kommunalen Sommergesprächen in Bad Aussee wesentliche Impulse für Gemeinden gesetzt. Mag. Gerhard Christiner, technischer Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid, referierte bei den KSG 2020 über die Stromversorgung aller Regionen Österreichs und die Sofortmaßnahmen und Zukunftsszenarien für Grundversorger.

Ein wesentlicher Faktor der Daseinsversorgung ist der Strom. Licht, Kommunikation, Infrastruktur und sogar Wasserversorgung: Ohne Strom steht die Gesellschaft still. Gerhard Christiner, technischer Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid, sprach am ersten Tag der Kommunalen Sommergespräche 2020 in Bad Aussee über die sichere Stromversorgung aller Regionen Österreichs in der Energiewende, die Wichtigkeit des Aus- und Umbaus der Strominfrastruktur und deren Kapazitäten für das Strommanagement der Erneuerbaren Energie.

Balance zwischen Geben und Nehmen essentiell

Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, welche Risiken das System hat, so Christiner. Für eine zukunftsfitte Energieversorgung sei noch einiges zu tun. Versorgungssicherheit, so der Experte, ist ein Geben und Nehmen: Strom muss in das System eingespeist werden, und Kunden müssen jederzeit in der Lage sein, diesen zu beziehen. „Die Balance ist wichtig, da Strom im Netz nicht gespeichert werden kann“, erklärt Christiner. „Die zeitgleiche Entnahme und Einspeisung ist essentiell. Das funktioniert in Österreich sehr gut.“

Jederzeit an jedem Ort und leistbar

Anders sei das beim zweiten Aspekt: der ausreichenden Netzkapazität. „Die Transportfähigkeit von Strom ist in Österreich leider mangelhaft. Seit Jahren funktioniert es nur mehr mit Notmaßnahmen, die sehr viel Geld kosten, die Netzkapazitäten aufrecht zu erhalten“, so Christiner.

Der dritte wesentliche Aspekt der Stromversorgung ist der Preis. „Strom muss leistbar für jeden sein, denn Strom ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor“, sagt Christiner.

Krise zeigte Systemlücken auf

Stromverbrauch war durch die Corona-Krise rückläufig – und zwar in enormem Ausmaß. Bis zu minus 15 Prozent in Österreich, in anderen europäischen Ländern bis zu 38 Prozent, weniger Strom wurde verbraucht. „Das Gleichgewicht kam in Gefahr, viele Kraftwerke im Stromsystem konnten nicht so schnell auf die geringere Nachfrage reagieren, vor allem thermische Kraftwerke. Das hatte zwar einen für den Kunden positiven Effekt auf den Preis – der Preis fiel gemeinsam mit der Nachfrage in Europa. Doch die Balance kam ins Schwanken und gefährdete die Versorgung“, so Christiner.

Christiner: „Netzausbau ist dringend erforderlich“

„In Österreich bestand erstmals im Mai 2020 und in den Folgemonaten die Möglichkeit, den Strombedarf mit Erneuerbaren Energien zu decken, doch die Netzwerke für dessen Transport waren nicht da“, erzählt der Stromexperte. Im Westen produzierten die Wasserkraftwerke genug Strom, um ganz Österreich zu versorgen, aber es gab keine Leitungen, um diesen Strom in den Osten zu transportieren. „Das Übertragungsnetz ist für den nationalen Ausgleich zu schwach. Hundert Millionen Euro für Gaskraftwerke wurden ausgegeben, obwohl genug Erneuerbare Energie da gewesen wäre – alles wegen des schlechten Netzausbaus“, bedauert Christiner.

Der Blick in die Zukunft

„Covid-19 sollte uns für die richtigen Zukunftsmaßnahmen sensibilisieren“, appellierte Christiner bei den Kommunalen Sommergesprächen, „denn wir kommen in der Energiewende in eine Sackgasse, wenn wir es nicht schaffen, Energiesysteme ganzheitlich zu betrachten und zu entwickeln. Mit einer Investition in eine nachhaltigen Netzausbau haben wir die Chance, nicht nur der Rezession, sondern auch dem Klimawandel vorbereitet zu begegnen“, so Christiner.

Eine Prognose für das Jahr 2030 zeigt zwar, dass in den Sommermonaten gewaltige Überschüsse von Erneuerbaren Energiequellen produziert werden, im Winter aber auch in zehn Jahren noch Lücken da sein werden. „Es muss also gelingen diese Überschüsse zu speichern“, so Christiner. „Das Stromsystem braucht einen Totalumbau und wir brauchen wesentlich mehr Flexibilität, indem mehr Platz im Netz geschaffen wird. Zukunftsfit sind wir noch nicht im Energiesystem, es fehlt noch an vielen Stellen. Wind und PV alleine sind ohne den Netzausbau nur ein Lippenbekenntnis“, so Christiner abschließend.

REDAKTION

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