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Recht

18.11.2021

Wo liegen die Grenzen zum Amtsmissbrauch?

Angesichts von diversen Chat-Protokollen sind die Themen Korruption und Amtsmissbrauch wieder in aller Munde. Die Medien sind voll von anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auch Gerichtsverfahren sind in jüngster Zeit an der Tagesordnung; es gibt Verurteilungen und teils (hohe) Gefängnisstrafen. Da fragt sich so mancher Bürgermeister und Gemeindemandatar zu Recht, ob er nicht schon durch das Annehmen des Amtes „mit einem Fuß im Kriminal steht“ und ob es dies überhaupt wert ist.

Um darauf gleich vorweg eine Antwort zu geben: Als Politiker und Amtsträger, egal ob Bürgermeister, Stadtrat oder einfacher Mandatar, und natürlich auch als Gemeindeangestellter, bewegt man sich nicht im rechtsfreien Raum. Wichtig ist, dass man die grundlegenden (straf-)rechtlichen Haftungsfallen kennt, damit man sie auch vermeidet. Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten Straftatbestände gegeben, die zum Stolperstein werden können – und gleichzeitig auch Tipps vermittelt, wie man sich bestmöglich gegen die Haftung schützt. Schon wegen der gebotenen Kürze ist ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht gegeben.

Wenn es um Amtsmissbrauch und Korruption geht, stehen die meisten vor einem Wald aus juristischen Begriffen. Rechtsanwalt Matthias Cernusca klärt über die wichtigsten Straftatbestände auf.

Amtsmissbrauch

Dieser Straftatbestand, der wohl den meisten bekannt ist, wird in § 302 des Strafgesetzbuches geregelt. Auf der sogenannten „äußeren“ Tatseite verlangt dieser Tatbestand, dass ein Beamter seine Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften missbraucht. Auf der „inneren“ Tatseite ist erforderlich, dass dieser Befugnismissbrauch wissentlich passiert und dass der Beamte auch einen Vorsatz auf Schädigung aufweist.

Das Delikt des Amtsmissbrauchs kann nur im Bereich der Hoheitsverwaltung („in Vollziehung der Gesetze“, Setzen hoheitlicher Akte) begangen werden. In der Privatwirtschaftsverwaltung kann das Delikt nicht begangen werden. Die Strafhöhe beträgt bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die Beamteneigenschaft wird funktional ausgelegt. Klarerweise gilt ein Bürgermeister als Beamter, wenn er in Gesetzesvollziehung tätig wird (zum Beispiel bei Erlassung eines Baubescheids). Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs gelten auch Mitglieder des Gemeinderats als potentiell wegen Amtsmissbrauchs strafbare Beamte.

Missbrauch bedeutet Fehlgebrauch einer Befugnis. Die möglichen Fälle von Amtsmissbrauch sind so mannigfaltig wie die Vollziehungsaufgaben. Klassiker ist beispielsweise die rechtswidrige Erteilung einer Baugenehmigung im Grünland. Dieser Missbrauch muss aber wissentlich erfolgen; Eventualvorsatz reicht nicht aus. Auch Tatbeteiligte, die nicht Beamte sind, können sich wegen Amtsmissbrauchs strafbar machen, wenn sie zur Tat beitragen (oder sie gar anstiften) und entsprechende Vorsatzelemente aufweisen.

Tipp: Bewusstes Beugen oder Umgehen, oder sogar Brechen von Gesetzen in der Hoheitsverwaltung muss absolut vermieden werden, um das Risiko eines Amtsmissbrauchs zu minimieren.

Korruptionsdelikte

Während es nur einen Straftatbestand des Amtsmissbrauchs gibt, gibt es betreffend Korruption gleich mehrere Straftatbestände für verschiedene Formen der Korruption. Der große Unterschied zum Amtsmissbrauch ist zudem, dass Korruption nicht nur für hoheitliches Handeln strafbar ist, sondern auch für die Privatwirtschaftsverwaltung. Das bedeutet: Wenn ein Bürgermeister für die Vergabe einer Gemeindewohnung einen Vorteil annimmt (oder fordert, oder sich versprechen lässt), kann dies potentiell strafbar sein. Auch bei den Korruptionsdelikten ist der Strafrahmen maximal zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Die Korruptionsdelikte zielen vorrangig auf Amtsträger. Der Amtsträgerbegriff ist nunmehr sehr weit gefasst. Er ist aber streng vom „Beamtenbegriff“ zu unterscheiden. Bürgermeister und Gemeinderäte zählen jedenfalls zu den Amtsträgern; auch Gemeindebedienstete sind Amtsträger. Was viele nicht wissen ist, dass der Amtsträgerbegriff auch die Organe und Bediensteten von staatsnahen Unternehmen erfasst.

Im Groben wird zwischen drei verschiedenen Korruptionsdelikten unterschieden:

  • Bestechung/Bestechlichkeit

Hier wird die Vorteilsgewährung für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts bestraft. Strafbar sind sowohl der aktiv Bestechende als auch der Amtsträger, der sich (passiv) bestechen lässt.

Die Tathandlungen können „passiv“ im Fordern, Annehmen oder Sich-Versprechen-Lassen eines Vorteils, beziehungsweise „aktiv“ im Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils bestehen. Als Vorteil wird jede nützliche Leistung materieller Art (zum Beispiel Geldzahlungen, Wertgegenstände, Dienstleistungen, Zuwendungen mit bestimmtem Marktwert wie Reisegutscheine, Konzert- Theaterkarten) oder immaterieller Art (zum Beispiel Verschaffen einer Auszeichnung, Wahlunterstützungen, sexuelle Zuwendungen) verstanden. Zwischen Vorteil und Amtsgeschäft muss es einen ursächlichen Zusammenhang geben.

  • Vorteilszuwendung/Vorteilsannahme

Der große Unterschied zur Bestechung ist hier, dass die Korruption für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft erfolgt. Zudem gibt es für die Amtsträger hier Begünstigungen: In § 305 Abs 4 Strafgesetzbuch sind jene Vorteile aufgelistet, die nicht „ungebührlich“ sind und bei denen die Strafbarkeit entfällt. Das sind zum Beispiel Vorteile, deren Annahme gesetzlich erlaubt ist (zum Beispiel durch das Dienstrecht), oder orts- und landesübliche Aufmerksamkeiten geringen Werts. Hier ist aber trotzdem große Vorsicht geboten, und im Zweifelsfall ist unbedingt juristischer Rat einzuholen.

  • Vorteilszuwendung/Vorteilsannahme zur Beeinflussung

Hier ist kein konkretes Amtsgeschäft für die Erfüllung des Tatbestands erforderlich – es wird das „Anfüttern“ bzw. die „Klimapflege“ bestraft. Durch die Vorteilszuwendung soll die Tätigkeit des Amtsträgers in der Zukunft beeinflusst werden.

Tipp: Für Bürgermeister, Gemeinderäte und auch Gemeindebedienstete ist es wichtig, die Regeln des Korruptionsstrafrechts genau zu befolgen. Die Einrichtung eines sogenannten „Compliance-Systems“ mit externen Experten, sowie die Abhaltung von regelmäßigen Schulungen wird dringend empfohlen.

Untreue

Dieser Straftatbestand wird bei der Aufzählung jener Strafbestimmungen, die für Gemeindeverantwortliche relevant sind, gerne (unabsichtlich) vergessen. Grob zusammengefasst werden mit diesem Tatbestand vorsätzliche Management-Fehler bestraft.

Konkret geht es um den wissentlichen Missbrauch einer Verfügungsmacht durch den Machthaber (zum Beispiel den Bürgermeister), wodurch dem Machtgeber (zum Beispiel einer Gemeinde) ein Vermögensschaden zugefügt wird. Hinsichtlich des Vermögensschadens muss der Machthaber mit Eventualvorsatz handeln. Ein Paradebeispiel für Untreue ist, wenn ein Bürgermeister ein Gemeindegrundstück unter Wert an einen Dritten veräußert.

Wie schnell der Untreue-Tatbestand erfüllt sein kann, zeigt die Verurteilung des ehemaligen Bürgermeisters von Salzburg. Er wurde dafür verurteilt, dass er sich an einer Untreue zu Lasten des Landes Salzburg beteiligt hatte.

Tipp: Auch zum Untreue-Tatbestand sollte es regelmäßige Schulungen geben. Die internen Regeln zur Vermögensgebarung und die Regeln sorgfältigen kaufmännischen Agierens sollten stets eingehalten werden. In Zweifelsfällen sollte zur Minimierung des Strafbarkeitsrisikos externer juristischer Rat beigezogen werden.

Zum Schluss

Auch die Gebietskörperschaft Gemeinde kann als Rechtsperson unter bestimmten Voraussetzungen strafrechtlich für Handlungen ihrer Organe und Mitarbeiter verantwortlich gemacht werden. Dies ist im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geregelt. Dies kann massive finanzielle Folgen für die Gemeinde in Gestalt einer Geldbuße haben.

Dr. Matthias Cernusca ist Rechtsanwalt
(Stadtplatz 14, 3400 Klosterneuburg)
Telefonnummer: +43 0 2243 31048
office@cernusca.com

– M.Cernusca

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