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Bundesländer

08.11.2022

Wenn Zaunbesitzer im Gemeindeamt zürnen – Tipps bei Beschwerden

Im Winterdienst kann immer etwas passieren: Ein Zaun wurde frisiert, ein Auto touchiert. Oft kriegen Sie auf der Gemeinde dann den ganzen Ärger ab. Dass Sie selbst nichts dafür können, tut nichts zur Sache. Dann hilft nur eines: cool bleiben, Nerven bewahren.

Worum es geht, ist Ihnen schon klar. Der Straßenarbeiter hat das Malheur bereits mit roten Ohren gebeichtet: Stundenlang war er mit dem Schneepflug ununterbrochen im Einsatz, bei schlechter Sicht, und der Gartenzaun war aber auch wirklich leicht zu übersehen. Dann hat er ihn halt frisiert und jetzt klafft dort ein Loch, wo früher einmal Latten waren. Absichtlich hat er das bestimmt nicht gemacht und unter uns: Soll bitte nichts Schlimmeres passieren.

„Wutbürger“ gibt es in jeder Gemeinde

Das allerdings sollten Sie dem aufgebrachten Zaunbesitzer so jetzt nicht sagen. Denn der steht in der Amtsstube und ist fuchsteufelswild, weil sein geliebtes Eigentum zerstört wurde. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Darüber haben wir uns mit Michael Woditschka unterhalten. Er ist ein ausgewiesener Experte für Beschwerde­management. Seit zwei Jahrzehnten trainiert er Leute, die an Telefonhotlines aufgebrachte Kunden beruhigen müssen. Sein wichtigster Tipp: „Konzentrieren Sie sich nicht darauf, den anderen zu beruhigen, sondern selbst ruhig zu bleiben.“

Der Dampf muss abgelassen werden

Wenn man es mit Leuten zu tun hat, die empört sind, weil ihnen ein Schaden widerfahren ist, geht es zunächst einmal gar nicht so sehr um das eigentliche Problem und schon gar nicht um die Lösung. Der zornige Hausbesitzer will Dampf ablassen und nicht darüber reden, dass es sich um einen kleinen Versicherungsfall handelt und sein Zaun nach der Reparatur wieder genauso schön sein wird wie zuvor. „Sagen Sie das um Gottes Willen bloß nicht“, warnt Woditschka.

In einer solchen Situation ist es vor allem am Anfang wichtig, die Emotion des Gegenübers zuzulassen. Hören Sie ihm zu, bitten Sie ihn, Platz zu nehmen, und bieten Sie ihm einen Kaffee an. Damit vermitteln Sie: Ich nehme mir Zeit für dich, alles andere ist jetzt unwichtig.

Zuallererst zuhören

Erfahrungsgemäß, meint Woditschka, dauere es zwischen fünf und sieben Minuten, bis sich die erste Aufregung gelegt hat. In dieser Zeit sollten Sie zuhören und versuchen, eine Beziehungsebene aufzubauen. Eine Entschuldigung seitens der Gemeinde ist auf jeden Fall angebracht. Und dann können Sie versuchen, dem Gespräch eine positive Wendung zu geben. Etwa mit den Worten: „Gut, dass Sie gleich gekommen sind.“

Das ist einer von Woditschkas geheimen Kniffen: „Gegen ein Lob kann man sich nur schlecht wehren“, sagt der Experte. So lässt sich eine Situation am besten entschärfen. Dann erst können Sie über das eigentliche Problem reden – und die Frage, was zu tun ist, damit der Zaun bald wieder aussieht wie neu.

Eine Einschränkung gibt es aber: Wenn der Beschwerdeführer herumbrüllt oder randaliert, sollten Sie ihm freundlich, aber bestimmt die Tür weisen. Ärger, eine gewisse Emotion ist menschlich. Aber es gibt auch Grenzen dafür, was man sich sagen lassen muss (wegen ein paar kaputten Zaunlatten).

Bei Beschwerden über den Winterdienst geht es freilich nicht immer nur um mögliche Schäden. Vielleicht sind Sie auch gelegentlich mit Klagen anderer Art konfrontiert: etwa dass die Straße vor dem Haus eines bestimmten Anrainers schon seit einem halben Tag nicht geräumt wurde – andere Nebenstraßen hingegen schon. Es gibt Beschwerden, die objektiv berechtigt sind. Und solche, die eher einem subjektiven Gefühl entspringen: Ich werde gegenüber anderen benachteiligt. Auch das kann zu allerhand Unmut führen.

In die Pflicht nehmen

Erneut gilt: ruhig bleiben, ausreden lassen, zuhören. Dann aber rät Experte Woditschka dazu, den Beschwerdeführer gewissermaßen mit ins Boot zu nehmen.

Wie würde er wohl agieren, wenn er in Ihrer Lage wäre? Schildern Sie ihm, vor welchen Herausforderungen die Gemeinde steht, welche Mehrkosten es verursachen würde, alle Straßen rund um die Uhr zu räumen: Woher das Geld nehmen? Über eine Erhöhung der Gebühren oder indem andere wichtige Leistungen gestrichen werden? „In solchen Situationen ist eine offene und transparente Kommunikation wichtig“, sagt Woditschka. Auch damit vermitteln Sie: Ich nehme dich und dein Anliegen ernst.

„Aufgebrachte Menschen können manchmal sehr mühsam sein“, sagt der Experte. Ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, koste Zeit und ­Nerven. Aber auf lange Sicht mache es sich bezahlt: „Wenn Bürgerinnen und Bürger mit ihren Beschwerden ernst genommen werden, steigt ihre Loyalität zur Gemeinde.“ Unabhängig davon, ob es nun um den Winterdienst geht oder um eine völlig andere Angelegenheit.

-W. RÖSSLER (erstmals erschienen in der Bürgermeister Zeitung)

Das rät Beschwerde-Profi Michael Woditschka

  • Ruhig bleiben. Konzentrieren Sie sich darauf, selbst ruhig zu bleiben, nicht Ihr Gegenüber zu beruhigen.
  • Dampf ablassen lassen. Der Ärger muss am Anfang raus. Nach fünf bis sieben Minuten kann man in der Regel vernünftig über das Problem reden.
  • Grenze ziehen. Unmut ist okay, Randalieren nicht. Wenn jemand wild herumbrüllt, sollten Sie ihn oder sie vor die Tür setzen. Es gibt Grenzen.

Zum Autor

Wolfgang Rössler ist Chefredakteur der Bürgermeisterzeitung.

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