Die deutschen und die österreichischen Gemeinden haben in Sachen Gemeindefinanzen die gleichen Sorgen: Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen geht immer mehr auseinander. Mittlerweile wird nach Berechnungen des Zentrums für Verwaltungsforschung KDZ fast jede zweite Gemeinde dieses Jahr nicht ausgeglichen budgetieren können. Die Gründe sind nicht nur höhere Personal- und Sozialausgaben, sondern auch gestiegene Aufgaben, die den Gemeinden übertragen wurden.
„Die Not macht erfinderisch“, lautet ein Sprichwort – und so manche Gemeinde überlegt jetzt, wo sie einsparen kann, Leistungen kürzen muss, oder einen völlig neuen Weg gehen muss. Für letzteren hat sich Matthias Beer, Bürgermeister in Beratzhausen, Deutschland entschieden. Und hängt in dieser Saison ein Schild mit der Aufschrift an den Freibadeingang: „Info zum Eintritt: Jeder Freibadbesuch ist bereits mit ca. 4 Euro aus dem Gemeindehaushalt subventioniert (Jahresdefizit/ Besucher pro Jahr).
„Ist jetzt vielleicht etwas die Holzhammermethode. Aber mir ist wichtig zu unterstreichen, was wir aus dem Gemeindehaushalt für unsere Bürgerinnen und Bürger leisten müssen“, schreibt Matthias Beer auf seiner Facebook-Seite. Und er schreibt weiter: „Teilt man das Jahresdefizit des Freibades durch die Besucher (auch Saisonkartenbesuche) ist JEDER Besuch mit ca. 4 Euro subventioniert. Sprich: Jede Eintrittskarte (auch jeder Saisonkartenbesuch) müsste um 4 Euro teurer sein – bei gleichen Besuchszahlen.“
Matthias Beer ist mit seinen Sorgen und Berechnungen nicht alleine – vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern geht es nicht nur in Deutschland – auch in Österreich – sehr ähnlich. Aber der Jungbürgermeister aus Bayern ist bekannt dafür, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen und die Themen auf seinen Social-Media-Plattformen deutlich anzusprechen, auch wenn sie unbequem sind. Nicht umsonst hat er in Deutschland mittlerweile den Namen als „Tiktok-Bürgermeister“ und wurde auch für seinen Podcast ausgezeichnet. „Mir ist wichtig auf meinem Kanal zu zeigen, was der Bürgermeister den ganzen Tag macht“, sagt Matthias Beer. Der Bürgermeister habe in Kinderbüchern, Medien etc. immer das Bild des korrupten, strengen oder blöden Dorfkaisers. „Ich will die Rolle des Bürgermeisters mit meinen Videos auch wieder in ein richtiges Licht rücken“, sagt Beer. Und so hat er es auch mit den Finanzsorgen rund um sein Freibad gemacht – nur diesmal eben auf Facebook.
Er erklärt weiter in seinem Posting auf Facebook: „Nicht falsch verstehen: Wir lieben unser Freibad. Schwimmen ist im wahrsten Sinne für jedes Kind lebenswichtig. Unser Freibad ist unser großes Pfund für die Bürgerinnen und Bürger und wir sind im Vergleich mit anderen Bädern vergleichsweise gering im Defizit. Dennoch würde ich mir manchmal etwas mehr Verständnis für die Preisgestaltung wünschen und dafür, was von den Kommunen geleistet wird, die für die gesamte Region eine solche Freizeiteinrichtung unterhalten“, so der Bürgermeister aus Beratzhausen.
– S. PEISCHL (Quelle: Facebook Matthias Beer)
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