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28.08.2019

Schneller Ausbau gegen Abbau des Eigentumsrechts?

Schneller und besser - das verspricht das neue 5G bei mobilem Internet. Was man dafür braucht ist ein engmaschiges Netz an Anlagen. Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes, die den schnellen Ausbau bewerkstelligen soll, ist aus Gemeindesicht aber nicht nur positiv zu bewerten.

LTE, 4G und nun sogar 5G – wo einige Regionen in Österreich davon träumen, überhaupt mit dem Handy telefonieren zu können, träumen andere schon von einem Internet, das alle Handynutzerwünsche erfüllt. Damit auch Österreich den Anschluss an die Technologie nicht verschläft, wurde das Telekommunikationsgesetz 2003 novelliert.

Was bringt 5G?

Schnellere Datenraten, höhere Kapazitäten und weniger Stromverbrauch – all das soll 5G bieten. Klar ist, dass jede Mobilfunkstation nur so schnell sein kann, wie ihre Anbindung. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass jeder Mobilfunkmast mit Glasfaserkabel verbunden werden muss. Außerdem brauchen hohe Nutzfrequenzen ein deutlich dichteres Netz, einige Experten schätzen, dass die Zahl der Anlagen in diesem Zusammenhang das siebenfache des jetzigen Umfanges betragen könnte.

Mehr Ausbau auf öffentlichem Eigentum

Um all das zu bewerkstelligen hat die Regierung in der Novelle die verstärkte Mitbenutzung von bereits vorhandener Infrastruktur vorgesehen. Konkret bedeutet das, dass die Gemeinden (wie auch andere Gebietskörperschaften) aufgrund des rechtspolitischen Interesses am Aufbau einer qualitativ hochwertigen Infrastruktur stärker in die Pflicht genommen werden als private Grundstückseigentümer.

Erweiterte Rechte für Mobilfunkbetreiber

Bereits jetzt ermöglicht § 5 Abs. 3 TKG den Netzbereitstellern (mit bestimmten Einschränkungen), Leitungsrechte an öffentlichem Gut, wie Straßen, Fußwege, öffentliche Plätze und den darüber liegenden Luftraum, unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung nach diesem Gesetz in Anspruch zu nehmen. Diese Bestimmung soll unverändert bleiben und wird um zwei weitere Absätze (6 und 7) ergänzt, die sich auf die Nutzung öffentlichen Eigentums beziehen, welches kein öffentliches Gut darstellt. Im neuen Abs. 8 sollen die Rahmenbedingungen für die Höhe der Entschädigungsleistung konkretisiert werden. Zu den Regelungen im Einzelnen ist – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – auf folgende Punkte besonders hinzuweisen:

Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes sollen mit den neuen Regelungen berechtigt werden, das Leitungsrecht nach Abs. 1 Z 3a (Errichtung und Erhaltung von Kleinantennen einschließlich deren Befestigungen und der erforderlichen Zuleitungen) an bestimmten Objekten in Anspruch zu nehmen, die nicht öffentliches Gut im Sinn von Abs. 3 darstellen. Kleinantennen sind Funkanlagen, welche den Formfaktor von 0,03m3 nicht überschreiten (§ 3 Zif. 36 TKG). Theoretisch denkbar sind damit auch verhältnismäßig lange (schmale) Antennenanlagen, die eine nicht unerhebliche Auswirkung auf das Gebäudeäußere bzw. das Orts- und Stadtbild mit sich bringen können.

Es gibt mehrere Kriterien, unter denen eine Anbringung erfolgen darf:

Zunächst müssen die Objekte, an denen die Kleinantennen angebracht werden dürfen, im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft – dazu zählen natürlich auch die Gemeinden – stehen. Der Gebietskörperschaft gleichgestellt sind auch Rechtsträger, die im ausschließlichen Eigentum der Gebietskörperschaft stehen (z.B. eine Gemeindeimmobiliengesellschaft, die im alleinigen Eigentum der Gemeinde steht). Der Nutzung dürfen zudem öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und darf die widmungsgemäße Verwendung der Objekte und Liegenschaften nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt werden. Auch darf eine Mitbenutzung von Anlagen, Leitungen oder sonstigen Einrichtungen nach § 8 Abs. 1, 1c oder 2 TKG nicht möglich oder nicht tunlich sein (§ 5 Abs. 6 Zif. 1 und 2 des Entwurfes).

Funkanlagen künftig auch am Verkehrszeichen möglich

Das Leitungsrecht i.S. des § 5 Abs. 1 Zif. 3a TKG soll sich im Fall der Anbringung von Kleinantennen nicht ausschließlich auf Liegenschaften beziehen, sondern soll auch andere Gegenstände, die zur Anbringung von Kleinantennen geeignet sind, wie etwa Verkehrszeichen, Straßenbeleuchtung oder Sicherungskästen umfassen.

Abgeltung der Wertminderung ist vorgesehen

Hier sind zwei Bestimmungen hervorzuheben:

  • Für die Belastung der Liegenschaft i.S. des § 5 Abs. 6 TKG durch eine Kleinantenne ist der Gemeinde als Gebietskörperschaft (bzw. ausschließlicher Eigentümer eines Rechtsträgers) eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten (§ 5 Abs. 5 TKG).
  • § 5 Abs. 7 TKG fügt zu dieser Regelung noch eine Bestimmung betreffend die Abgeltung bei Antennentragmasten sowie der Einräumung von Wegerechten i.S. des § 5 Abs. 1 TKG hinzu. Dem Eigentümer eines ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft (oder eines Rechtsträgers, der ausschließlich im Eigentum der Gebietskörperschaft steht) stehenden Objektes, welches kein öffentliches Gut gem. § 5 Abs. 3 TKG darstellt und auf welchem ein Antennentragemast im Sinne des § 3 Z 35 (Kleinantennen gem. Z 36  gelten nicht als Antennentragmasten im Sinne dieser Bestimmung) errichtet wurde oder für welches ein Wegerecht im Sinne von § 5 Abs. 1 TKG auf vertraglicher Grundlage eingeräumt wurde, ist eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten (§ 5 Abs. 7 des Entwurfes).

Die Regulierungsbehörde soll spätestens binnen eines Jahres nach Inkrafttreten der Novelle für die Abgeltung der Wertminderung nach Abs. 5 und 7 Richtsätze in Verordnungsform festlegen, bei der auf die unterschiedlichen Infrastrukturtypen sowie Art und Lage der in Anspruch genommenen Liegenschaft Rücksicht genommen werden soll. Kommt zwischen dem Verpflichteten (z.B. der Gemeinde) und dem Berechtigten keine Vereinbarung über das Leitungsrecht nach § 5 Abs. 3, 4 oder 6 oder die Abgeltung des Leitungsrechtes gem. Abs. 5 binnen einer Frist von vier Wochen ab nachweislicher Bekanntmachung des Vorhabens zustande, kann jeder der Beteiligten die Regulierungsbehörde zur Entscheidung anrufen.

Licht und Schatten bei der Novelle

Zusammenfassend werden die Gemeinden Kleinantennenanlagen an Objekten, die ausschließlich im Eigentum der Gemeinde (oder eines in ihrem Eigentum stehenden Rechtsträgers) stehen, weitgehend dulden müssen. Dass Österreich in diesem Bereich den technologischen Anschluss nicht verlieren darf, ist unbestritten. Manche Bestimmungen, wie die Entschädigungsregelungen – v.a. auch im Hinblick auf die Duldungspflicht bei öffentlichem Gut und öffentlichem Eigentum –  werfen aber noch mehr Fragen auf, als der bisherige Gesetzestext. Die Verwendung von Formulierungen wie „öffentliche Rücksichten“, „widmungsgemäße Verwendung der Objekte und Liegenschaften“, „Mitbenutzung etc. … nicht möglich oder nicht tunlich ist“ ist zwar teilweise ausjudiziert, lässt aber immer noch reichlich Diskussionsspielraum für Mobilfunkbetreiber und öffentliche Eigentümer.

Positiv zu bewerten ist, dass im Zuge des Begutachtungsverfahrens noch einige Klarstellungen erfolgt sind. Dennoch ist nicht zu unterschätzen, dass gerade die Gemeinden im Bereich Mobilfunkanlagen mit einer kritischen Haltung großer Bevölkerungsteile rechnen müssen. Erklärungsversuche gegenüber den Bürgern, dass die Gemeinden in dieser Frage auf Grund der neuen Rechtslage kaum Mitspracherechte haben, helfen da selten. Spätestens dann, wenn die ersten Anlagen am Kindergarten oder Seniorenheim montiert werden sollen, sind die Proteste wahrscheinlich schneller auf dem Schreibtisch der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, als jedes 5 G Netz Daten transportieren kann.

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