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13.05.2020

Kinderbetreuung im Zeichen der COVID-19-Lage: Irrgarten oder klare Vorgaben für Eltern und Gemeinden?

Die Frage zur Regelung der Kinderbetreuung stellt angesichts der aktuellen Pandemie-Situation viele Eltern, aber auch Gemeinden als Erhalter von Betreuungseinrichtungen vor große Herausforderungen. – nicht zuletzt deshalb, weil sich die Verordnungen je nach Bundesland unterscheiden.

Das Krisenmanagement in der aktuellen COVID-19-Lage stellt die Gemeinden auch deshalb vor so große Herausforderungen, weil es für viele Bereiche keine oder nur wenig konkrete Handlungsvorgaben gibt. Allein die Frage der aktuell geltenden Rechtsvorschriften sorgt in den Kommunen für viel Kopfzerbrechen – dies vor allem dann, wenn man Einrichtungen der Daseinsvorsorge betreibt, die zwar (zumindest teilweise) geöffnet sein sollten – aber eben durch die aktuelle COVID-19-Lage nur mit Einschränkungen.

Unklarheiten bei rechtlicher Regelung

Während sich beispielsweise in den letzten Tagen bei den kommunalen Abfallwirtschafts- und Recyclinghöfen durch entsprechende Erlässe der betroffenen Ministerien die Rahmenbedingungen für eine schrittweise Nutzung durch die Bevölkerung zwischenzeitlich mehr oder weniger erkennen lassen, herrscht bei der Kinderbetreuung noch große Verunsicherung.

Seitens des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erging – datiert mit 8. April 2020 – auf der Basis von § 18 Epidemiegesetz 1950 ein Erlass an alle Landeshauptleute, wonach bis Ablauf des 26. April 2020 die Kindergärten geöffnet bleiben, möglichst viele Kinder aber zu Hause betreut werden sollen.

Kurz vor dem Ende der Osterferien mussten somit die Landeshauptleute – nachdem in der Karwoche durch unterschiedliche Aussagen in den Medien den Eltern und Erziehungsberechtigten Erleichterungen bei der Inanspruchnahme der Betreuungseinrichtungen in Aussicht gestellt wurden – neue bzw. die bisherige Rechtslage weiterführende Regelungen für den Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtungen erlassen. Alle mit dem klaren Ziel, dass auch nach Ostern (und zumindest bis 26. April) zur Eindämmung der Pandemie möglichst viele Kinder zu Hause betreut werden sollen.

In Tirol liegt die Entscheidung beim Rechtsträger

Die durch die Länder getroffenen Regelungen – die zum Teil erst am 13. April 2020, also einen Tag vor dem Ende der Osterferien, kundgemacht wurden – sind dabei im Detail unterschiedlich ausgefallen: So wurde in Tirol durch LGBl 50/2020 die Regelung getroffen, wonach der Besuch von Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen nur jenen Kindern gestattet ist, deren Eltern den in der Zif. 1. bis 6. der Tiroler Landesverordnung genannten Personengruppen angehören.

Dazu gehören Ärztinnen und Ärzte sowie weiteres medizinisches Personal, Pflegepersonal, Personal von Blaulichtorganisationen, Mitglieder von Einsatz- und Krisenstäben, und Personen, die in der Versorgung tätig sind: so etwa Angestellte in Apotheken, in Supermärkten und in öffentlichen Verkehrsbetrieben sowie Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Betreut werden dürfen auch Kinder, deren Eltern beruflich unabkömmlich sind oder die keine Möglichkeit einer Betreuung zu Hause haben.

Unsicherheit in Salzburg

Während in Tirol der Verordnungsgeber ausdrücklich klargestellt hat, dass die Entscheidung über das Vorliegen der Aufnahmevoraussetzungen beim Rechtsträger liegt (der diese Entscheidung an die Leitung der Betreuungseinrichtung delegieren kann), fehlt beispielsweise im Bundesland Salzburg eine ähnlich klare Regelung. Auch hier wurde festgelegt, dass das Betreuungsangebot auf jene Kinder einzuschränken ist, deren Eltern beruflich unabkömmlich sind bzw. die keine Möglichkeit der Betreuung zu Hause haben.

Mit der demonstrativen Aufzählung dieser Berufs- bzw. Personengruppen hat der Verordnungsgeber in Salzburg zwar keine abschließende Nennung der Berufsgruppen vorgenommen, dennoch ist damit eine wesentliche inhaltliche Einschränkung des Personenkreises, wer seine Kinder in Betreuung geben darf, vorgenommen worden – sonst hätte der Verordnungsgeber auf die Aufzählung verzichtet bzw. festlegen müssen, dass alle berufstätigen Eltern ihre Kinder in Betreuungseinrichtungen geben können.

Abweichende Rechtslage in der Steiermark

Die Regelung im Bundesland Steiermark (LGBl 37/2020) sieht insofern eine Abweichung von anderen Bundesländern vor, als im Katalog der Berufsgruppen, deren Kinder jedenfalls betreut werden dürfen, sich ausdrücklich auch Pädagoginnen und Pädagogen befinden. Unabhängig vom Vorliegen der Kriterien nach Abs. 1 der Verordnung hat das Bundesland Steiermark die Betreuung von Kindern zur Abwendung einer drohenden Kindeswohlgefährdung nach erfolgter Gefährdungsabklärung durch die zuständige Behörde als zulässig erklärt. Auch in der Steiermark entscheidet die Leitung der Kinderbetreuungseinrichtung über das Vorliegen der Kriterien für die Aufnahme in die Betreuung.

Für die Eltern und Erziehungsberechtigten entstand damit – ebenso wie für die Rechtsträger der Betreuungseinrichtungen (und damit viele Gemeinden) – eine Situation erheblicher Verunsicherung. Der Erlass des Sozialministeriums erfolgte angesichts tausender Kinderbetreuungseinrichtungen in Österreich sowie hunderttausender betroffener Kinder bzw. deren Eltern sehr kurzfristig und stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen.

Zusammenarbeit von Behörden ausschlaggebend

Es ist der denkbar falsche Zeitpunkt, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die sich unter größtem Zeitdruck um eine verordnungskonforme Umsetzung der länderweise unterschiedlichen und leider immer noch unklaren Regelungen bemühen, zu Sündenböcken zu stempeln. Ob es nach dem 26. April 2020 klare Vorgaben gibt, ist offen. Die Art und Weise, wie und ob die zuständigen Stellen auf Länderebene den Gemeinden als Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Seite stehen, ist einmal mehr ein Gradmesser für die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Gemeinden in dieser Krise.

Im nebenstehenden Infokasten finden Sie die Links zu den jeweiligen aktuellen Bundesländerverordnungen.

– DR. MARTIN HUBER

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