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Coronavirus

Niederösterreich

Panorama

20.05.2020

Keine Seuchen in St. Corona

Im Zuge der Coronakrise hat eine kleine niederösterreichische Gemeinde besonders viel Aufmerksamkeit erhalten – St. Corona am Wechsel ist unverhofft zum Pilgerhit der COVID-19-Pandemie geworden. Dass sie schon seit jeher mit Seuchen und Krankheiten zu tun hat, ist wohl ein Zufall – oder etwa doch nicht?

In den Medien, als Hauptgesprächsthema und maßgebend für Politik und Wirtschaft: Corona ist seit Anfang 2020 allgegenwärtig. Während der Name Corona – der übrigens Kranz oder Krone bedeutet – noch vor wenigen Monaten höchstens als Biermarke geläufig war, kennt ihn heute jedes Kind. Eine Ausnahme bilden vielleicht die Einwohner einer kleinen niederösterreichischen Gemeinde im Bezirk Neunkirchen – für sie war und ist Corona ihre Heimat. St. Corona – um genau zu sein.

Kleine Gemeinde plötzlich berühmt

Das 390-Seelen-Dorf St. Corona am Wechsel ist zwar kein Infektionsherd, erfreut sich seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie aber einer nie dagewesenen Aufmerksamkeit – und das sogar international. „Seit der Coronavirus-Krise interessieren sich nationale und internationale Medien für den kleinen Ort, allerdings ausschließlich für den Ortsnamen“, erzählt Bürgermeister Michael

Gruber. Tatsächlich – Verschwörungstheoretiker aufgepasst – hatte die Gemeinde schon lange vor dem erstmaligen Auftreten des kranzförmigen Virus einen Konnex zu Seuchen und deren

Die kleine Gemeinde in Niederösterreich liegt idyllisch am Fuße des Kampsteins auf einer Höhe von 844 Metern über dem Meeresspiegel. (Bild: ZVG)

Abwendung.

Es mag daher überraschen, dass St. Corona erst seit nicht einmal 100 Jahren diesen Ortsnamen trägt. Bis 1925 hieß der Ort nämlich Heiligenstatt, was auf die vor vielen Jahrhunderten in der Gegend ansässigen Einsiedlermönche zurückgeht. Die Gemeinde liegt am Nordhang des Kampsteins auf 840 Metern Seehöhe und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer. Außerdem ist sie ein Wallfahrtsort.

Wer ist die Heilige Corona?

Im Zentrum der Wallfahrtsgemeinde steht die Pfarrkirche St. Corona. Sie entstand an der Stelle, wo einst eine Statue der Heiligen Corona gefunden wurde. Der Gedenktag der Märtyrerin ist der 14. Mai. (Bild: ZVG)

Die Geschichte der Wallfahrtskirche St. Corona begann, als im Jahr 1504 in einem hohlen Lindenbaum eine Statue der heiligen Corona gefunden wurde. Daraufhin errichtete man an dem Auffindungsort eine kleine Holzkapelle. Die etwas größere Kapelle, die dort 1583 entstand, ist teils heute noch erhalten: Sie bildet den heutigen Kreuzaltar und zugleich den ältesten Bauteil der barocken Pfarrkirche St. Corona, die in ihrer jetzigen Form in den Jahren 1689 bis 1691 errichtet wurde. Kaiser Josef der Zweite ließ die Kirche 1782 sperren und Wallfahrten dorthin verbieten. Erst 1833 wurde die Kirche St. Corona wieder geöffnet. Doch wer ist eigentlich die Heilige Corona, die dort verehrt wird?

So wie über die Entstehung des Coronavirus noch Unklarheit herrscht, ist auch die Geschichte der Heiligen lückenhaft. Die Ortspatronin lebte wahrscheinlich um 160 nach Christus im Gebiet der heutien Türkei. Sie war Überlieferungen zufolge mit ihrem Ehemann, dem römischen Soldaten Victor von Siena Teil einer frühchristlichen Gemeinde. Der Ehemann soll für seinen Glauben gemartert und hingerichtet worden sein und die damals erst 16-Jährige Corona folgte seinem Vorbild und bekannte sich als Christin. Ihre Ermordung erfolgte äußerst grausam: Man spannte sie zwischen zwei niedergebogene Palmen, die beim Zurückschnellen ihren Körper entzwei rissen.

Die Märtyrerin wird seither als Schutzpatronin der Holzfäller, Geschäftsleute, Goldgräber und Fleischer verehrt. Es ist keine Erfindung der letzte Monate, sondern seit jeher so, dass die Heilige Corona auch bei Seuchen und Krankheiten um Hilfe gebeten wird.

Gerüchte über Namensänderung

Auch auf dem Gemeindewappen von St. Corona ist die Ortspatronin abgebildet. Sie steht auf einem goldenen Strahlenkranz und hält einen goldenen Palmenzweig in der rechten und ein Geldstück in der linken Hand. Die Gegenstände erinnern an ihren Märtyrertod sowie an ihre Schützlinge, die Goldgräber. Der Heiligen gegenüber sieht man eine grüne Tanne auf drei Hügeln, die den Waldreichtum der Gemeinde und die drei Ortsteile St. Corona, Unternberg und Molz symbolisieren. Die drei goldenen Bienen darüber stehen für den Fleiß der Bevölkerung.

Heute ist St. Corona vor allem touristisch geprägt. In einer Neuausrichtung setzt die Gemeinde nun vermehrt statt auf Schibetrieb auf Mountainbike-Trails und Freizeitangebote für Familien. Der Virus-bedingte Lockdown war daher für die ansässigen Betriebe ein heftiger Schlag. Den Ortsnamen trägt die Gemeinde dennoch „mit Stolz“, schreibt der Bürgermeister auf der Gemeinde-Homepage und dementiert Gerüchte, wonach man über eine Namensänderung nachdenke.

Drei Pilgerstätten für Corona

Nicht nur am Wechsel gibt es eine Corona-Kirche: Auch die Bergkirche Leiben im Bezirk Melk ist der Heiligen Corona geweiht. Jährlich soll dort am 14. Mai – dem Gedenktag der Hl. Corona – eine Wallfahrt veranstaltet werden. (Bild: ZVG)

Die kleine Kommune am Wechsel ist übrigens nicht die einzige in Österreich, die an die Märtyrerin erinnert: Auch im 300-Seelen-Dorf St. Corona am Schöpfl, einem Ortsteil von Altenmarkt in Niederösterreich, ist die Kirche der Heiligen Corona geweiht. Die dritte im Bunde ist die Filialkirche Leiben im Bezirk Melk.

Ob eine Wallfahrt zu einer Coronakirche in Zeiten von COVID-19 hilft, muss jeder für sich selbst entscheiden. Tatsache ist, weder die Gemeinde, noch das Maskottchen der Erlebnisarena St. Corona am Wechsel – eine Ameise namens Corona – möchten wegen der Virus-Pandemie umgetauft werden. Und die Heilige Corona ist und bleibt Schutzpatronin vor Seuchen

– E. SCHUBERT

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