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Bundesländer

Finanzen

14.12.2020

Das waren die Gemeindefinanzen im Jahr vor Corona

So starteten die Gemeinden finanziell in die Coronakrise: Die Ergebnisse des Haushaltsjahres 2019 wurden vor wenigen Wochen veröffentlicht. Sie zeichnen ein sehr dynamisches Bild.  Das Haushaltsjahr 2019 stellt auch das letzte Jahr nach dem bisherigen – ausschließlich kameralen – Regime der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung dar.

Wie auch schon 2018 fiel das gemäß den Rechnungsabschlüssen vorliegende Haushaltsjahr 2019 sehr investitionsintensiv aus. Die Investitionen der Gemeinden ohne Wien erreichten nach den rund 2,75 Milliarden Euro 2018 mit rund 2,96 Milliarden Euro (+8 Prozent) im Jahr 2019 einen neuen Höchststand. Dies auch bedingt durch eine Vielzahl an sogenannten KIG-Projekten (25-prozentige Investitionsförderung des Bundes durch das Kommunalinvestitionsgesetz 2017), die im Jahr 2019 vielfach in den Bereichen Kindergärten und Schulen sowie Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung durchgeführt wurden. Bei dieser Gelegenheit sei auch noch einmal darauf hingewiesen, dass alle KIG 2017-Projekte bis längstens 31.1.2021 abgerechnet und die Nachweise bei der vollziehenden Buchhaltungsagentur des Bundes eingereicht werden müssen.

Maastricht-Ergebnisse verschlechtern sich

Deutlich verschlechtert haben sich bei den Gemeinden ohne Wien jedoch die Maastricht-Ergebnisse: Während 2018 die Gemeinden noch in drei Bundesländern ausgeglichene Maastricht-Haushalte erreichen konnten, schafften 2019 nur noch die oberösterreichischen und Salzburger Gemeinden länderweise Maastricht-Überschüsse. Insgesamt betrug das Maastricht-Defizit der Gemeinden ohne Wien 2019 rund 271 Millionen Euro (nach zehn Millionen Euro im Jahr 2018). Auch der Maastricht-Schuldenstand verschlechterte sich 2019 deutlich und wuchs gegenüber 2018 um 355 Millionen Euro oder 4,1 Prozent auf rund neun Milliarden Euro an.

Diese deutliche Verschlechterung liegt teilweise aber auch daran, dass durch eine 2019 finalisierte Revision von Statistik Austria alle wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden der VRV-Abschnitte 87-89 dem Sektor Staat und damit dem Maastricht-Schuldenstand zugerechnet werden. Angesichts der gesamtstaatlich positiven Ergebnisse ergibt sich daraus jedoch keine Sanktionsrelevanz nach dem Stabilitätspakt.

Hohes Einnahmenwachstum

Die Gesamteinnahmen der Gemeinden ohne Wien erhöhten sich 2019 um rund vier Prozent oder 900 Millionen auf fast 23,5 Milliarden Euro: Nicht nur die Ertragsanteile stiegen mit rund 5,6 Prozent auf gut acht Milliarden Euro recht deutlich an, sondern auch die Einnahmen aus den Gemeindeabgaben verzeichneten 2019 mit österreichweit rund 4,5 Prozent ein solides Plus.

Innerhalb dieser 2019 knapp 3,9 Milliarden Euro an gemeindeeigenen Abgaben steuerte die Kommunalsteuer mit 5,3 Prozent den höchsten Zuwachs bei, während die Grundsteuer 2019 um lediglich 0,1 Prozent gegenüber 2018 zulegte. Kein Wunder, schließlich wird die Reform der Grundsteuer seit Jahren von Bundesseite verweigert, obwohl umsetzungsreife, verwaltungsschonende und sozial verträgliche Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Die Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit haben sich 2019 mit einem Plus von rund acht Prozent sehr dynamisch entwickelt, während sich die Gebühreneinnahmen der Gemeinden ohne Wien (innerhalb der verwaltungsrechtlichen bzw. höchstgerichtlichen Schranken) gegenüber 2018 um moderate 2,7 Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro erhöht haben.

Noch höheres Ausgabenwachstum

Die Gesamtausgaben der Gemeinden ohne Wien stiegen 2019 mit plus 4,8 Prozent auf knapp 23,5 Milliarden Euro. Der Saldo der laufenden Gebarung (laufende Einnahmen minus laufende Ausgaben) erreichte mit 2,08 Milliarden Euro oder –1,8 Prozent nicht mehr ganz den bisherigen Höchststand aus 2018. Aufgrund hoher Tilgungszahlungen, die um gut 350 Millionen Euro (+31 Prozent) auf fast 1,5 Milliarden Euro zulegten, sowie Sondereffekten in der Steiermark verzeichnete die freie Finanzspitze 2019 gegenüber dem Vorjahr einen fast 40-prozentigen Rückgang auf knapp 600 Millionen Euro.

Steigende Ausgaben zeigten sich 2019 aber nicht nur bei den Investitionen, sondern auch im Personalbereich. Die Zahl der Gemeindebediensteten stieg um fast 1.900 Personen auf rund 79.000 an. Ein Teil dieses Personalzuwachses dürfte neben dem dynamischen Bereich der (Elementar-)Bildung auch auf die 2020 gestartete Haushaltsrechtsreform (VRV 2015) zurückzuführen sein.

Die funktionale Gliederung nach Voranschlagsgruppen zeigt im Bereich Unterricht und Erziehung auch diesmal wieder die höchsten Ausgabenzuwächse von plus 251 Millionen Euro oder plus sieben Prozent (und das vom hohen Ausgangsniveau 2018), diesmal aber gefolgt von Vertretungskörpern und allgemeiner Verwaltung mit plus 138 Millionen Euro bzw. plus 5,4 Prozent.

Hohe Ausgaben bei Transferzahlungen

Ein wesentlicher Ausgabenfaktor sind weiterhin die Transferzahlungen (vor allem in den Umlagen- bzw. Ko-Finanzierungsbereichen). 2019 hat sich gegenüber 2018 der Transfersaldo der Gemeinden ohne Wien mit der Landesebene um über 13 Prozent auf gut –563 Millionen Euro verschlechtert.

Wenngleich ausgehend von einem niedrigen Niveau stiegen 2019 die Zinsausgaben um sechs Prozent auf rund 155 Millionen Euro, für die insgesamt rund 11,9 Milliarden Euro (+2,5 Prozent) an Finanzschulden der Gemeinden ohne Wien.

Insgesamt war das Jahr 2019 von hoher Einnahmen- und Ausgabendynamik geprägt, es wurde personell aufgestockt und stark investiert. Und nicht zuletzt dieses hohe Investitionsniveau der vergangenen zwei bis drei Jahre macht nun den harten und abrupten Übergang auf die Krisenjahre 2020 und 2021 nicht gerade einfacher.

-K. GSCHWANDTNER

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