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Finanzen

04.11.2021

Wie sich die Steuerreform auf die Gemeinden auswirkt

Am 13. Oktober wurden nach innenpolitisch turbulenten Tagen doch noch die Regierungsvorlagen zum Bundesfinanzgesetz (Bundesvoranschlag 2022), zum Bundesfinanzrahmengesetz 2022-2025 und zum Budgetbegleitgesetz in den Nationalrat eingebracht.

Ein Gesetzesentwurf zum Steuerreform­gesetz selbst lag zu ­Redaktionsschluss von diesem Artikel jedoch noch nicht vor, wobei bereits in den Wochen zuvor wesentliche ­Eckpunkte dieser ökosozialen Steuerreform ­präsentiert wurden, die im November im ­Nationalrat beschlossen werden soll.

Anlässlich des Bundes­voranschlags und des BFRG legte das Finanzministerium die neue Steuer- und Ertragsanteile-Prognose vor, in der die kommende Steuerreform bereits berücksichtigt ist. Dass in dieser Prognose jedoch die konkrete Rückführung der im März und Juni 2021 geflossenen Sondervorschüsse (aus dem Corona-Gemeindepaket II) noch nicht enthalten ist, wird im Folgenden mit Blick auf die anstehenden Voranschläge der Gemeinden noch genauer erörtert.

Rückblick auf den Jahresbeginn

Zum Zeitpunkt des Nationalratsbeschlusses des Gemeindepakets II im Jänner wurde von Bundesseite noch davon ausgegangen, dass zur Garantie der +12,5 Prozent beim Wachstum der kassenmäßigen Ertragsanteile im Jahr 2021 (gegenüber 2020) rund eine Milliarde Euro an Sondervorschüssen erforderlich sein würde.

Noch im April ging das BMF auf Basis der WIFO-Frühjahrsprognose davon aus, dass die 2021er Steuereinnahmen und die Ertragsanteile der Länder gegenüber dem ersten Krisenjahr 2020 maximal stagnieren würden. Bei den Ertragsanteilen der Gemeinden war zu diesem Zeitpunkt das 2021er Wachstum ja bereits mit +12,5 Prozent gegenüber 2020 fixiert – und zwar gemäß § 13 Abs. 4 FAG 2017 gesetzlich garantiert durch Sondervorschüsse des Bundes in der nötigen Höhe, die zu Jahresbeginn sogar auf deutlich über eine Milliarde Euro geschätzt wurden.

Auf Basis dieser Einschätzung der Ertragsanteile-Entwicklung ließ das Finanzministerium den Gemeinden im ersten Halbjahr 2021 im Wege der März- und Juni-Vorschüsse Sondervorschüsse in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro zukommen.

Enormes Wachstum ab den Juni-Vorschüssen

Ab April legte das Abgabenaufkommen aufgrund der immer besser werdenden Konjunktur und Arbeitsmarktlage sowie aufgrund hoher Rückzahlungen an 2020 gestundeten Steuern enorm zu. Aufgrund des Zwei-Monats-Gaps zwischen vom Bund vereinnahmter Steuer und ausbezahlten Ertragsanteilen setzte ab den Juni-Vorschüssen ein durchgehend zweistelliges Wachstum (gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres) der Ertragsanteile ein.

Kassenmäßige Gemeindeertragsanteile

Im Sommer war klar, dass es jedenfalls nicht mehr als der bereits ausbezahlten 500 Millionen Euro an Sondervorschüssen bedarf, um das 12,5-prozentige Wachstum für 2021 zu garantieren, sodass die für September 2021 vorgesehene dritte Tranche nicht mehr ausbezahlt wurde. Dennoch lagen die September-Vorschüsse mehr als 30 Prozent über jenen des Vorjahres und auch gut 18 Prozent über jenen des Vorkrisenjahres 2019.

Rückführung ab den November-Vorschüssen

Mit den Oktober-Vorschüssen, die sich im Monatsvergleich mit plus 25 Prozent ebenfalls sehr gut entwickelten, wurde das vom Bund garantierte 2021er -Wachstum von 12,5 Prozent oder rund 1,25 Milliarden auch ohne die im ersten Halbjahr ausbezahlten 500 ­Millionen Euro an Sondervorschüssen überschritten.

Dieses enorme Wachstum der Steuereinnahmen und Ertragsanteile, das noch vor einem Dreivierteljahr niemand erwartet hatte, hat nun zur Konsequenz, dass der Bund einen Rechtsanspruch darauf hat, noch 2021 jene Sondervorschüsse abzuschöpfen, die für die Garantie der plus 12,5 Prozent nicht erforderlich waren – also die gesamten bisher ausbezahlten 500 Millionen Euro.

Damit es bei der Rückführung zu keinen Liquiditätsengpässen zu Jahresende kommt, hat sich der Gemeindebund mit dem BMF darauf verständigt, dass die 500 Millionen Euro über vier bis sechs Vorschuss-Monate vom Bund einbehalten werden. Anfang November, als das Oktober-Steueraufkommen und damit die kassenmäßigen Ertragsanteile für das Gesamtjahr 2021 feststand, wurde fixiert, wie viel von den Sondervorschüssen noch heuer (November- und Dezember-Vorschüsse) und wie viel im kommenden Jahr rückgeführt wird.

Ertragsanteile in den Voranschlägen 2022

Laut einer Einschätzung des BMF zur Ertragsanteile-Entwicklung bis 2025 (inklusive der kommenden Steuerreform) wird näherungsweise davon ausgegangen, dass 2021 noch 250 der 500 Millionen an Sondervorschüssen an den Bund zurückgehen.

Dementsprechend wird der Zuwachs (österreichweit gesehen) der im Jahr 2021 vereinnahmten Ertragsanteile nicht wie gesetzlich garantiert 12,5 Prozent, sondern 15 bis 16 Prozent betragen. Basierend darauf wird es im Jahr 2022 ein Wachstum von rund zwei Prozent geben – mit den bekannten länderweisen Unterschieden, die sich im Wesentlichen aus der Entwicklung der jeweiligen Bevölkerungszahl und der länderweisen Entwicklung der Grunderwerbsteuer ergeben.

Die Veranschlagung der 2022er Ertragsanteile sollte sich aus aktueller Sicht somit je nach Bundesland im Bereich der 2021er Einnahmen plus ein bis zwei Prozent bewegen. Detailinformationen werden wie angesprochen Anfang November vorliegen und auch von den Gemeindeabteilungen übermittelt.

Die nun in den nächsten Monaten abgeschlossene Rückführung der Sondervorschüsse an den Bund hat auch zur Folge, dass der ursprünglich skizzierte Wachstumspfad der Gemeindeertragsanteile (1,5 bzw. 2,0 Prozent in den Jahren 2023 bis 2026) ersatzlos wegfällt und die Gemeinde­ertragsanteile, wie im Finanzausgleich seit Jahrzehnten gewohnt, mit dem Aufkommen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben (u.a. USt, LSt, ESt und KÖSt) nach oben oder nach unten gehen.

Steuerreform erst ab 2023 stark zu spüren

Viele Maßnahmen der Steuerreform werden nicht bereits Anfang 2022, sondern schrittweise in Kraft treten und erst nach und nach wirksam werden. Dementsprechend werden sich größere Auswirkungen auf die Ertragsanteile erst 2023 und 2024 einstellen. Gemäß den bisher vorliegenden Informationen soll die nach der Reform 2020 fortgesetzte Lohnsteuersenkung Mitte 2022 (Senkung der 2. Progressionsstufe von 35 auf 30 Prozent) und Mitte 2023 (Senkung 3. Progressionsstufe von 42 auf 40 Prozent) wirksam werden.

Die in Aussicht genommene Senkung der Körperschaftsteuer soll ebenfalls in zwei Stufen (2023 von 25 auf 24 Prozent und 2024 auf 23 Prozent) erfolgen. Hinzu kommen steuerliche Maßnahmen wie etwa die Erhöhung des Familienbonus (Steuerabsetzbetrag) von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind und Jahr ab Mitte 2022 sowie bereits mit Jahresbeginn 2022 eine Steuerbefreiung auf Erfolgsbeteiligungen von Mitarbeitern in Höhe von bis zu 3.000 Euro pro Jahr.

Eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge von Arbeitnehmern, Selbstständigen und Pensionisten (ab Mitte 2022) soll ebenfalls Teil der ökosozialen Steuerreform 2022 sein, wobei dies nicht unmittelbar von Relevanz für die Ertragsanteile ist, wohl aber für die Krankenanstalten-Finanzierung, die von den Gemeinden mitgetragen wird.

Medial viel berichtet und ebenso spekuliert wurde und wird zum Thema CO₂-Bepreisung. Zu Redaktionsschluss und vor Vorliegen des Gesetzesvorschlags zum Steuerreformgesetz 2022 war im Wesentlichen nur bekannt, dass eine Tonne an CO₂-Emissionen ab Mitte 2022 mit 30 Euro und ansteigend bis 2025 mit 55 Euro besteuert werden soll. Was dies aber für das Steueraufkommen von Mineralölsteuer, Energieabgabe und Co. bedeuten wird (vor allem wie hoch das künftige Mehraufkommen eingeschätzt wird), wird erst aus der Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz ersichtlich sein.

Ersten Ankündigungen zufolge plant der Bund, die CO₂-Steuer als ausschließliche Bundesabgabe zu behandeln und damit Förderungen wie den CO₂-Bonus zu finanzieren.

Der Gemeindebund und auch die Länder haben dazu deutlich gemacht, dass neue Abgaben grundsätzlich als gemeinschaftliche Bundesabgaben einzurichten sind, damit die Einnahmen auch den Ertragsanteilen zukommen – schließlich tragen die Gemeinden über den Finanzausgleich ja auch die Mindereinnahmen aus der Steuerreform mit.

– K. GSCHWANDTNER

Über den Autor

Konrad Gschwandtner ist Fachreferent der Abteilung Recht und Internationales beim Österreichischen Gemeindebund.

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