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10.05.2022

Köstinger und Schramböck treten zurück

Wenige Tage vor dem ÖVP-Parteitag muss die Volkspartei eine neue Landwirtschaftsministerin suchen. Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat am Montag in einer persönlichen Erklärung ihren Rücktritt erklärt. Sie dürfte in die Privatwirtschaft wechseln. Wer ihr nachfolgt, steht noch nicht fest. Laut Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) soll dies in den nächsten Tagen geklärt werden.

Wie die scheidende Ressortchefin betonte, habe für sie schon mit dem Abgang von Sebastian Kurz (ÖVP) festgestanden, dass das Kapitel Politik für sie nach 13 Jahren zu Ende gehe. Damals sei die Zeit noch nicht reif gewesen, „weil vieles noch nicht fertig war“. „Die letzten fünf Jahre waren persönlich und politisch die herausforderndsten, härtetesten, kräfteraubendsten, aber auch gleichzeitig die schönsten und erfüllendsten“, sagte sie bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im Landwirtschaftsministerium.

Köstinger verwies auf mehrere in ihrer Amtszeit beschlossene Vorhaben, etwa die nationale Umsetzung der EU-Agrarpolitik 2023 bis 2027, die Klima- und Energiestrategie, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln und den neuen Gewässerbewirtschaftungsplan. Als zuständige Ministerin für Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Bergbau, Telekommunikation und Zivildienst bedankte sich Köstinger wortreich bei den einzelnen Branchen.

Als Landwirtschaftsministerin hatte sich die Politikerin in der Vergangenheit auch ein Match mit den Handelskonzernen geliefert und eine faire Preispolitik gegenüber Bauern und Verarbeitern eingefordert. „Ich hoffe, dass es für die Vorstandsetagen der Handelskonzerne jetzt trotzdem nicht ruhiger wird“, so Köstinger.

Grundsätzlich hielt sie fest, dass Frauen in der Branche oft sehr hart und untergriffig beurteilt würden, wie sie selbst erfahren habe. „Diese Erfahrung als Mama und als Spitzenpolitikerin haben mir gezeigt, dass speziell Frauen in Spitzenfunktionen besonders unter Beobachtung stehen.“ Andererseits erhalte man auch viel Unterstützung. „Die große Verantwortung in einer Regierungsfunktion und der Anspruch eine gute Mama zu sein, war oft ein sehr schwieriger Spagat“, sagte Köstinger. Sie ermutigte auch junge Frauen, Chancen zu ergreifen. „Das ist mein Appell an alle Mädchen und Frauen in diesem Land: Lasst euch nicht unterkriegen und geht euren Weg, ihr könnt alles schaffen wenn ihr es wollt.“

Köstinger galt als enge Vertraute des vormaligen Bundeskanzlers Kurz. Unter ihm stieg die frühere EU-Abgeordnete zur Generalsekretärin, Kurzzeit-Nationalratspräsidentin und schließlich Ministerin auf. „Ich bedanke mich insbesondere bei Sebastian Kurz für die Möglichkeit, Österreich auf Basis unserer gemeinsamen Werte verändern zu können“, sagte die scheidende Landwirtschaftsministerin. Der Regierung gehörte sie mit Unterbrechung durch die Experten-Kabinette seit Ende 2017 an. Wer ihr nachfolgt, ist noch unklar. Bei der heutigen Pressekonferenz bedankte sich Köstinger neben Kurz, Nehammer und ihren ÖVP-Regierungskollegen auch beim Koalitionspartner und den Oppositionsparteien. „Ich bin meiner Partei zutiefst dankbar und verbunden und werde das immer sein.“

Auch Ministerin Schramböck tritt zurück

Nach Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hat am Montag auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) ihren Rücktritt offiziell bekannt gegeben. In einem Video auf Facebook bedankte sie sich auch bei Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der sie in die Regierung geholt hatte. Nähere Gründe für ihren Rücktritt oder die Nachfolge im Ressort gab sie nicht bekannt. Schramböck galt schon seit längerem als Ablösekandidatin in der ÖVP-Regierungsriege.

„Nach fast fünf Jahren in der Politik lege ich mein Amt als Wirtschafts- und Digitalministerin zurück“, sagte Schramböck auf ihren Kanälen in den diversen sozialen Medien, zählte noch einmal ihre durchgesetzten Vorhaben auf und resümierte: „Ich habe diesen Schritt nie bereut.“ Österreich sei ein solider Wirtschaftsstandort, so Schramböck, die sich auch bei Regierungskollegen, Sozialpartnern und Landeshauptleuten bedankte und meinte: „Es war mir eine Ehre für Österreich zu arbeiten und ich danke für das Vertrauen.“

Schramböck hatte am Vormittag noch an einer turnusmäßigen Sitzung des Tiroler ÖVP-Landesparteivorstandes teilgenommen. Dort meldete sie sich zwar nach APA-Informationen – nach einigen landespolitischen Themen – gegen Ende zu Wort, soll aber keine dezidierte Aussage zu ihrer Zukunft getroffen haben. In Wiener Regierungskreisen war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon zu hören, dass ihr Rücktritt unmittelbar bevorsteht.

Mit Schramböcks erwartetem Rücktritt gilt es als sicher, dass die Tiroler Landespartei rund um Landeshauptmann Günther Platter weiter auf ein Regierungsmitglied aus dem westlichen Bundesland pochen wird. Ob es sich dabei aber um das Wirtschaftsministerium handeln muss oder es nicht etwa auch um das Landwirtschaftsministerium gehen könnte, war vorerst offen. Gehandelt werden mitunter Namen wie Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger oder auch die EU-Abgeordnete Barbara Thaler. Letztere soll aber eher dazu tendieren, vorerst in Brüssel zu bleiben. Allzu groß dürfte die Minister-Personalauswahl nicht sein. Und ob Platter kurz vor der Landtagswahl im kommenden Jahr jemanden aus seiner Regierungsriege nach Wien ziehen lässt – wie etwa Landeshauptmannstellvertreter und Agrarlandesrat Josef Geisler – ist mehr als fraglich.

Schramböck galt nach einigen unglücklichen öffentlichen Auftritten schon länger als Ablösekandidatin im ÖVP-Team – sie hält sich aber (mit kurzer Unterbrechung) immerhin schon seit 2018 in der Regierung. Zuletzt hatte sich auch Platter nur mehr zurückhaltend zu Schramböck geäußert. Zwar konstatierte er, sie mache „eine engagierte Arbeit wie alle anderen Regierungsmitglieder“, meinte jedoch auch, eine Bewertung stehe ihm nicht zu, das müsse „in erster Linie der Bundeskanzler machen“.

– REDAKTION (Quelle: APA)

 

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