Kommunalnet TV

30.08.2019

Teil 1 zur Datenweitergabe mit schriftl. Ausarbeitung

Im Expertentalk zur DSGVO widmete sich FH-Prof. Mag. Dr. Peter Burgstaller den Fragen der Kommunalnet-User zum Thema "Datenweitergabe". Nun gibt es die verschriftlichte Version mit etwaigen Klarstellungen.

Gemeinden sind für Auskünfte aller Art zentrale Anlaufstellen. Durch das Inkrafttreten der DSGVO mit 25. Mai 2018 herrscht jedoch in manchen Detailfragen immer noch Verwirrung, was man darf und was nicht. Zahlreiche Kommunalnet-User haben uns daher im Juni ihre Fragen zukommen lassen.

Aufgrund des Umfangs und der Komplexität des Themas wurden die Fragen in Themen eingeteilt, die einzeln in Videos behandelt werden. FH-Prof. Mag. Dr. Peter Burgstaller beantwortete im Expertentalk die Fragen zum Thema „Datenweitergabe„. Weiter unten im Text haben wir für Sie nochmal die Fragen zusammengefasst, wie sie auch im Video gestellt werden.

Dürfen Telefonnummern, die bei der Antragstellung zur Abwicklung eines Bauvorhabens angegeben wurden, an die Buchhaltung weitergegeben werden oder nicht

Burgstaller nimmt vorweg, dass sich das Datenschutzrecht nicht signifikant geändert hat. Die Veränderungen entsprechen eher formaler Natur. Prinzipiell gilt, dass jede Datenweitergabe erlaubt ist, sofern es einen Grund, einen sogenannten Erlaubnistatbestand dafür gibt. Unter anderen gelten als Erlaubnistatbestände die Datenverarbeitung für die Erfüllung eines Vertrages oder die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Ebenso als Erlaubnistatbestand gilt die Verarbeitung, wenn diese für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. Des Weiteren ist der Erlaubnistatbestand des berechtigten Interesses des Verantwortlichen zu nennen. Sollte daher die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (gilt aber nicht im hoheitlichen Bereich) oder eines Dritten erforderlich sein und das Interesse des Betroffenen (dessen Daten verarbeitet werden) an der Geheimhaltung der Daten nicht überwiegen, dann ist die Datenverarbeitung ebenso zulässig.

Allgemein betrachtet ist aber der Erlaubnistatbestand der Einwilligung des Betroffenen von größter Bedeutung. Sollte daher der Betroffene in die Datenverarbeitung seiner Daten eingewilligt haben, so ist diese Verarbeitung zulässig – vorausgesetzt die weiteren Voraussetzungen für die Datenverarbeitung liegen vor (Informationspflichten, Umfang und Zweck der Datenverarbeitung, etc.). Im Fall der Einwilligungen hat sich nach der Einführung der DSGVO nichts verändert. Entscheidend ist, dass es eine Einwilligung gibt, diese muss aber nicht zwingend schriftlich erfolgen, sondern kann auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln zum Ausdruck gebracht werden. Ohne Einwilligung dürfen die Daten also nicht weitergegeben werden. In diesem Beispiel zählt das Ausfüllen des Bauantragsformulars als Zustimmung. Diese Zustimmung bedeutet aber keinen Freibrief, dass etwa eine im Bauformular angegebene Telefonnummer eines Bauwerbers für Zwecke verwendet wird, die von der Einwilligung nicht erfasst sind bzw. nicht erfasst sein können. Eine Veröffentlichung der Telefonnummer oder aber eine Weitergabe der Telefonnummer an Dritte ist (wohl) nicht von der Einwilligung erfasst und wäre daher unzulässig. Eine Weitergabe der Telefonnummer an die Buchhaltung zwecks Abrechnung von Gebühren und Abgaben ist hingegen – abgesehen davon, dass auch andere Erlaubnistatbestände hier greifen würden – von der Einwilligung erfasst.

Welche Vorschriften muss die Gemeinde beachten, damit eine Geburtenliste (Jahrgangsliste) an einen Verein ausgegeben werden darf?

Wenn die Gemeinde Daten an Dritte weitergibt, braucht sie einen Erlaubnistatbestand, wie beispielsweise eine Einwilligung der betroffenen Personen. Mit „Dritte“ sind alle gemeint, die nicht die Gemeinde sind, also beispielsweise ein Verein. Zu bedenken ist jedoch, dass die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Datenverarbeitung (z.B. Datenweitergabe) infolge Vorliegens eines Erlaubnistatbestandes von der Frage der Zulässigkeit der Abfrage aus Registern zu unterscheiden ist. So bestimmt § 20 Abs. 3 Meldegesetz, dass Bürgermeister ermächtigt sind, die in ihrem Melderegister enthaltenen oder ihnen gemäß Abs. 2 übermittelten Meldedaten zu verarbeiten, sofern diese zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden. Das Gesetz spricht hier von „gesetzlich übertragenen Aufgaben“. Es kann daher sein, dass zwar die Übermittlung der Daten (Geburtenliste) datenschutzrechtlich zulässig ist, nicht jedoch der Abruf der Daten aus Registern.

Eine Gemeinde bietet ihren Bürgern zwei Zugtickets an, die sie kostenlos ausleihen können. Dazu reservieren die Bürger diese am Gemeindeamt und sie notiert sich Name, Adresse und Telefonnummer. Werden die Karten z.B am Wochenende ausgeliehen, gibt sie diese Daten für die direkte Weitergabe von Bürger an Bürger an den jeweils anderen weiter. Für das Ausleihen gibt es natürlich Nutzungsbedingungen, muss die Gemeinde diese um einen Passus betreffend Datenschutz erweitern?

Ja, die Weitergabe der Daten muss in den Nutzungsbedingungen deutlich bzw. hervorgehoben enthalten sein. Die Bürger sollen also aufmerksam gemacht werden, dass Name, Adresse und Telefonnummer an den jeweils nächsten weitergegeben werden.

Die Pfarrämter benötigen manchmal Meldeadressen. Darf die Gemeinde eine Liste mit allen Zu- und Wegzügen der jeweiligen Religionen erstellen und diese an die Pfarrämter weiter leiten (Pfarre teilt weder Namen, Geburtsdatum noch alte Adresse mit)?

Wenn unter „Pfarre“ die Religionsgemeinschaft gemeint ist, dann ist in diesem Fall § 20 Abs. 7 Meldegesetz einschlägig. Demnach sind Bürgermeister verpflichtet, den gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften auf Verlangen die Meldedaten all jener in der Gemeinde angemeldeten Menschen zu übermitteln, die sich zu diesen Religionsgesellschaften bekannt haben. Wenngleich es häufig anders gehandhabt wird, darf die Gemeinde nur auf Verlangen die Daten übermitteln. Für eine Übermittlung von allen Zu- und Wegzügen fehlt die gesetzliche Grundlage. Das Meldegesetz spricht von der Übermittlung der Meldedaten all jener in der Gemeinde gemeldeten Menschen, die sich zu diesen Religionsgemeinschaften bekannt haben. Eine Verknüpfungsabfrage nach Zu- und Wegzügen ist nicht vorgesehen.

Manche Behörden, in diesem Fall die Fremdenpolizei, benötigen hin und wieder Dokumente vom Standesamt. Seit Ende Mai sendet die Gemeinde per Mail keine personenbezogenen Daten mehr. Diese Behörden bestehen jedoch auf eine rasche Erledigung. Nun sendet sie diese Dokumente nur mehr per Briefpost. Ist diese Vorgangsweise datenschutzkonform?

Diese Vorgangsweise ist datenschutzkonform, sie ist jedoch umständlich, kostenintensiv und für Fälle rasch benötigter Daten nicht zweckmäßig. Peter Burgstaller rät bei jeglicher elektronischen Weitergabe von Daten auf jeden Fall zu einer verschlüsselten Email-Kommunikation, was an sich Standard ist.

Eine Betreuungseinrichtung ruft bei der Gemeinde an und möchte wissen, ob die Pflegerin von ihr noch bei einer Pflegefamilie gemeldet ist: „Ja“ oder „Nein“ reicht der Einrichtung nicht aus. Darf man Auskunft geben?

Peter Burgstaller rät, als Gemeinde zuerst bei der Pflegefamilie anzurufen, um sich die Kontaktdaten der Pflegerin geben zu lassen. Generell gilt, immer den Betroffenen selbst bezüglich der Weitergabe seiner Daten zu fragen. Die einzelnen Handlungsschritte, also wo angerufen wurde, sollte man aber dokumentieren.

Die GIS/Kirchenbeitragsstelle möchte wissen, ob eine Adresse richtig ist, da ein Brief zurück kam. Darf man Auskunft geben? Ein Postangestellter will zustellen, den Adressaten gibt es aber an dieser Adresse nicht (Falsch-Besteller). Daraufhin erkundigt er sich bei der Gemeinde, wer an der besagten Adresse wohnt. Darf man Auskunft geben?

Auch die Kirchenbeitragsstelle, der Postler und die GIS werden grundsätzlich wie Dritte behandelt, in diesem Fall sind jedoch die Vorschriften des Meldegesetzes sowie im Falle der GIS das Rundfunkgebührengesetz zu beachten.

Ein Notar möchte zur Ermittlung der Erben Auskunft, ob an der Adresse eines Verstorbenen weitere Personen gewohnt haben. Darf man Auskunft geben?

Abgesehen davon, dass Notare üblicherweise unmittelbar Zugang zum Melderegister haben, können Notare, so sie als Gerichtskommissäre tätig sind, im Wege der Amtshilfe diese Daten verlangen.

Stichwort Stammbaumrecherche: Darf man Auskunft geben, wenn jemand Informationen zu Verwandten sucht?

Bei Stammbaumrecherchen sollte man vorsichtig sein. Burgstaller rät, sich dabei mit Einwilligungen abzuhelfen. Zudem gibt es im Internet eine Unzahl an Archiven, mittels derer Ahnenforschung betrieben werden kann.

Unternehmen/Behörde/Privatperson ruft an und möchte wissen, wann eine bestimmte Person Geburtstag hat, weil es ein Jubiläum ist und gratuliert werden will oder wo diese Person wohnt. Darf man Auskunft geben?

Nein, außer man hat die Einwilligung der betreffenden Person oder es gibt eine gesetzliche Erlaubnis, dass Auskunft gegeben werden darf.

Ist die Beantwortung von telefonischen Anfragen von Kanzleien zur beispielsweise Steuernummer von Abgabenschuldnern, Rückfragen zu bereits erlassenen Abgabenbescheiden beziehungsweise die Durchführung von Selbstberechnungen erlaubt?

Es gibt sogenannte Rechtmäßigkeitsgründe oder Rechtsgrundlagen, warum jemand Daten verarbeiten will und darf. Diese sind etwa Einwilligungen, Verträge oder ein berechtigtes Interesse. Wenn also eine Kanzlei anruft, sollte die Gemeinde eine schriftliche Anfrage mit Rechtsgrundlage, warum die Notwendigkeit zur Auskunft besteht, verlangen. Besteht ein nachvollziehbares berechtigtes Interesse, müssen die Daten weitergeben werden. Eine Behörde ist jedoch von dieser Rechtsgrundlage ausgenommen. Sie darf Daten nicht verarbeiten, wenn sie ein berechtigtes Interesse hat, sondern nur wenn sie sich auf eine Rechtsvorschrift berufen kann.

Darf man Auskunft erteilen, wenn etwa ein Abgabenschuldner seine eigenen Rückstände erfahren möchte?

Ja darf man, da ein berechtigtes Interesse besteht zudem geht es ja um die Daten des Betroffenen selbst. Die Anfrage sollte aber schriftlich oder persönlich erfolgen, wobei ein Ausweis von der betreffenden Person vorzuzeigen ist. Auch eine Person mit einer schriftlichen notariell beglaubigten Vollmacht darf die Auskunft erhalten.

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