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Niederösterreich

03.09.2019

Mit Leerstand zum Börsenerfolg

Die Diplomarbeitsbörse zeigt einmal mehr, dass Gemeinden mit leerstehenden Gebäuden durchaus erfolgreich sein können. Vorausgesetzt, man lässt ihnen neues Leben einhauchen.

Begonnen hat alles im August 2016, als in der Leader-Region Kamptal über die Diplomarbeitsbörse der Wunsch nach einem Leitfaden zur nachhaltigen Nutzung leerstehender, landwirtschaftlicher Gebäude geäußert wurde – erstellt von Studierenden mit vielen anschaulichen Beispielen und Erstfinanzierungsrahmen.

Verschiedene Nutzungsideen für unterschiedliche leerstehende Gebäude

Dass leerstehende Gebäude ein derartiger Erfolg werden, hätte sich die Leader-Region Kamptal nicht gedacht. Bob Martens von der TU Wien wurde auf die Themenstellungen „Alternative Nutzungsformen leerstehender landwirtschaftlicher Gebäude im Kamptal“ über die Diplomarbeitsbörse aufmerksam. Er war und ist für seine Lehrveranstaltung „Entwerfen“ laufend auf der Suche nach leerstehenden Gebäuden in Niederösterreich und Wien.

„Das Spannende an der Kooperation mit der Diplomarbeitsbörse sind die sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen und Gebäudetypologien. Im nächsten Semester werden wir uns beispielsweise mit dem Sgraffitohaus in Retz beschäftigen. Das ist insofern reizvoll, weil die Wirtschaft großes Interesse an einer Nachnutzung hat. Zuvor waren architektonische Inspirationen meiner Studierenden für einen Weinkeller und ein altes Herrschaftshaus gefragt“, sagt Bob Martens über die Zusammenarbeit zwischen der TU Wien und der Diplomarbeitsbörse.

Unterschiedliche Leerstände, unterschiedliche Bearbeitungsformate

Ohne Erhebung kein Leerstand. Deshalb war auch in der Leader-Region Kamptal der erste Schritt, die Gemeinden nach leerstehenden Gebäuden mit dringendem Bedarf nach neuen Nutzungsideen zu fragen. Die von den sechs Kamptal-Gemeinden übermittelten Leerstände waren sehr unterschiedlich, sowohl hinsichtlich der Gebäudetypologie als auch der ursprünglichen Nutzung. Daraus ergaben sich logischerweise unterschiedliche Aufgabenstellungen, die auch in verschiedenen Formaten bearbeitet wurden. Zwei davon – jener in Neupölla und in Strass im Strassertal – im Rahmen der Lehrveranstaltung „Entwerfen“ von mehreren Architekturstudierenden, die anderen als individuelle Master- bzw. Projektarbeiten.

Neupölla und das Herrschaftshaus aus dem 12. Jahrhundert

Den Anfang machte im Sommersemester 2017 Neupölla mit einem leerstehenden Herrschaftshaus aus dem 12. Jahrhundert. Entstanden sind 15 Entwürfe von den angehenden Architektinnen und Architekten der TU Wien. Interessant waren die vielfältigen und teilweise unkonventionellen Ideen, was man aus dem im Privatbesitz befindlichen Herrschaftshaus machen könnte – vom Drillcamp über ein Genusszentrum bis hin zur Fitness- und Wellnessoase war alles dabei.

Bürgermeister Günther Kröpfl aus Neupölla führte daraufhin Gemeindegespräche, bei denen der Bevölkerung ausgewählte Entwürfe der Architektur-Student/innen vorgestellt und mögliche praktische Nutzungen diskutiert wurden. Die Umsetzung wurde bis dato nicht realisiert, da das Gebäude noch im Privatbesitz ist.

Das Leben nach dem Genossenschaftskeller in Straß im Strassertal

Die architektonische Aufgabenstellung war in diesem Fall sehr fordernd, weil sehr komplex. In den Entwurf eingebaut werden sollte ein Kellergebäude mitsamt eingegliedertem „Kellerröhrensystem“, dessen gastronomische Nutzung fast auf der Hand lag. Mitberücksichtigt werden mussten außerdem eine Baulandfläche im dörflichen Verband in unmittelbarer Ergänzung zum Freilichtmuseum sowie ein sehr schmales Grundstück, das auf Grund seiner Lage im Ortsverband als schwer nutzbar gilt. Architekturstudierende der TU Wien stellten sich der Herausforderung und haben in diesem architektonischen Spannungsfeld im Wintersemester 2017/18 mehr als 20 Entwürfe erarbeitet. Die Gemeinde Straß war von den Entwürfen derart überzeugt, dass die Gemeinde erneut an den Lehrveranstaltungsleiter Bob Martens von der TU Wien herantrat und um eine Verfeinerung der Entwürfe ersuchte. Geworden sind es letztendlich acht, die am 2. Juli 2018 vor den Gemeinderäten präsentiert wurden.

Bürgermeister Walter Harauer erzählt, wie es nun weitergehen wird: „Wir werden drei Entwürfe im im Gemeinderat diskutieren und noch heuer beschließen, welchen davon wir tatsächlich umsetzen. Mit der Umsetzung selbst wollen wir 2019 beginnen.“

Was aus dem ehemaligen Kinderfreundeheim in Ternitz werden könnte

Nachdem für alle gemeldeten Leerstände aus dem Kamptal fürs Erste eine studentische Lösung gefunden wurde, hat man sich in weiteren Leader-Regionen auf die Suche nach geeigneten leerstehenden Objekten gemacht und wurde in Niederösterreich-Süd fündig – konkret in der Stadtgemeinde Ternitz. Dort steht schon seit mehreren Jahren das ehemalige Kinderfreundeheim leer. Die Stadtgemeinde hat die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, die sich durch die Diplomarbeitsbörse geboten hat, nämlich Ideen und Pläne von Architekturstudierenden der TU Wien zu erhalten, was man daraus machen könnte.

Und auch dieses Mal waren die Auftraggeber von Kreativität und Qualität der Ideen und Entwürfe für eine Nachnutzung überzeugt. „Wir haben schon einmal mit der TU Wien kooperiert und waren damals sehr zufrieden. Es war eine sehr gute Entscheidung, die Diplomarbeitsbörse als Impulsgeber für diesen Leerstand zu nutzen. Die jetzigen Ideen – vom Jugendzentrum über eine Hütte zum Übernachten, einem Musikstudio bis hin zum Kletterzentrum – haben uns erneut begeistert“, zeigt sich Bürgermeister Rupert Dworak beeindruckt. Anfang Juli wurden die zehn besten Entwürfe von den TU-Student/innen präsentiert. „Jetzt ist es an uns, die Entwürfe zu diskutieren und zu beraten, welches Konzept für Ternitz am geeignetsten erscheint“, skizziert Bürgermeister Dworak die weitere Vorgangsweise.

Wie Ihr Thema zu Diplomarbeit wird

Sobald Sie eine Themenidee haben oder konkret wissen, was Sie von Studierenden analysiert, recherchiert und mit Handlungsempfehlungen versehen haben wollen, kontaktieren Sie bitte die Leader-Manager/innen der sechs Leader-Regionen Donau-NÖ-Mitte, Kamptal, NÖ Süd, Römerland-Carnuntum, Wachau-Dunkelsteinerwald oder Weinviertel-Manhartsberg. Liegt Ihre NÖ Gemeinde in keine der genannten Leader-Regionen, wenden Sie sich bitte an das Projektmanagement der Diplomarbeitsbörse der NÖ.Regional.

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