© Christoph Weiermair

Bildung

Oberösterreich

08.10.2020

Literatur im Traktor gegen die Landflucht

Jeden ersten Montag des Monats zieht ein Traktor ein kleines Holzhaus voller Bücher durch das Tal zwischen Hinterstoder, Klaus und Steyrling. Die Mobile Bibliothek – kurz MoBib – liefert Lesestoff direkt dorthin, wo sich das Leben der kleinen oberösterreichischen Dörfer abspielt. Neben der Schule, beim Gemeindeamt oder dem Dorfladen holt die MoBib Lesefreudige direkt bei ihren alltäglichen Erledigungen in den Ortszentren ab – und wird dort mit enormer Begeisterung genutzt!

Die Bücher werden von einem Traktor von Ort zu Ort gezogen.

Die Gemeinde Klaus an der Phyrnbahn besteht aus drei Orten. Eine gemeinsame Bibliothek wäre daher für manche schlecht zugänglich. Bürgermeister Rudolf Mair freut sich über die Möglichkeit, mit der MoBib alle Bewohnerinnen und Bewohner zu erreichen: „Dieses Projekt ist für die ganze Region sinnvoll. Für ein kleines Dorf alleine ist eine eigene Bibliothek fast nicht realisierbar. Die Mobile Bibliothek bringt das Lesen an belebte Punkte und damit direkt zu den Leuten. “

Initiiert und gebaut wurde die MoBib vom Architekturstudenten Florian Radner, der das Projekt im Rahmen seiner Diplomarbeit gemeinsam mit Ehrenamtlichen aus den drei Gemeinden Hinterstoder, Klaus und Steyrling entwickelte. Etwa ein Jahr lang wurde in gemeinsamen Workshops an dem Projekt getüftelt.

„Ich wollte mit dem Projekt zeigen, dass innovative und etwas schräge Architektur auch am Land ihren Platz hat. Und, dass Buch und Traktor wunderbar zusammenpassen.“ – Initiator Florian Radner.

Auszeichnung für nachhaltiges Bildungsprojekt

Im Mai 2018 gab es für die Projektidee den Nachhaltigkeitspreis des Österreichischen Umweltbundesamtes.
Öffentliche Förderungen ermöglichten die Finanzierung, sodass das Projekt schließlich umgesetzt werden konnte.

Das erste Jahr des Betriebs zeigte, wie Passanten quasi im Vorbeigehen zu Leserinnen und Lesern wurden. Bibliotheksmitarbeitern Conny Pachleitner berichtet: „Die Mobile Bücherei als literarische Nahversorgung ist gänzlich gelungen. In den ersten Monaten war ich total überrascht, wie viele Einheimische zu richtigen Leseratten wurden. Besonders das große Interesse der Kinder ist sehr erfreulich!“

Unterwegs von Ort zu Ort – auch als Klassenzimmer

Ist die Mobile Bibliothek vor Ort, kann man Bücher und Spiele ausleihen. Die Bücherei hat je nach Standort fixe Öffnungszeiten. In der Regel ist sie zwei bis dreimal pro Woche für drei Stunden geöffnet.

Die mobile Bibliothek erfreut sich bei Kindern enormer Beliebtheit.

Neben dem normalen Bibliotheksbetrieb ist es möglich, die MoBib auch für andere Zwecke zu nutzen. In der
warmen Jahreszeit kann sie den lokalen Schulen und Kindergärten als mobiler Klassenraum für den Unterricht an unterschiedlichen Standorten dienen. Der Unterricht kann so für einige Tage von der Schule in den Wald verlegt werden. Die MoBib bietet außerdem einen Raum und Rahmen für besondere Anlässe. Mit geöffneten Flügeltüren war sie bei der Eröffnung als Bühne für die Kinderbuchautorin Susanne Knauss im Einsatz. Aber auch für kleinere Konzerte, Bücherflohmärkte oder Ähnliches ist sie bestens geeignet.

Gemeinsame Bibliothek spart Geld

Für kleinere Gemeinden stellt dieses Konzept also aus verschiedenen Gründen eine sinnvolle Alternative zu einer konventionellen Bücherei dar.

„Das Teilen einer gemeinsamen Bücherei spart Ressourcen und fördert den Austausch unter den Gemeinden. Die Kooperationskultur in der Region wird dadurch gestärkt.“ – LEADER-Regionalmanager Felix Fössleithner

Der Erfolg der fahrenden Literatur lässt sich auch leicht bemessen: Mit mehr als 1.000 Entlehnungen im ersten Jahr wurden die Erwartungen der Initiatoren weit übertroffen. Über 150 Nutzerinnen und Nutzer zählt die MoBib aktuell. Vor allem bei erwachsenen Frauen und Kindern ist die Bibliothek sehr beliebt. Mit dem spannenden Angebot erhofft man sich auch, der Landflucht etwas entgegenwirken zu können.

-E. AYAZ

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