Schuller/Gemeindebund

Umwelt

03.09.2021

Das war der erste Tag der Kommunalen Sommergespräche

Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl und Bernd Fislage, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit eröffneten am Donnerstag, dem 2. September 2021, gemeinsam mit dem steirischen Gemeindebund-Präsidenten Bürgermeister Erwin Dirnberger und Bürgermeister Franz Frosch die 16. „Kommunalen Sommergespräche“.

„Gemeinden schon weiter als der Bund“

Der erste Impulsvortrag der diesjährigen Kommunalen Sommergespräche wurde von Bundesministerin Leonore Gewessler gehalten. Sie widmete ihre Rede dem europäischen Green Deal und der Zusammenarbeit von Bund und Gemeinden. Laut der Klimaschutzministerin gibt es zwei wesentliche Dinge, die es für einen nachhaltigen und effektiven Klimaschutz braucht: Verankerung und Leitplanken.

Als Anker nannte sie die Gemeinden, denn: „Die Wurzeln beginnen lokal und regional zu wachsen.“ Die drei Leitplanken des Klimaschutzes sind Klarheit, alle Menschen mit an Board zu holen und der Leitsatz „Do no harm“. Die Gemeinden nehmen hier auf vielen Ebenen eine wichtige Rolle ein. Gewessler: „Mir ist bewusst: Viele Gemeinden sind schon weiter als der Bund. Ob PV-Anlagen oder Nahwärme, nachhaltige Investitionen gehören schon seit Jahren zum Alltag in den Gemeinden.“ In Zukunft will Gewessler eine Schnittstelle zwischen Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften einrichten, auf der Informationen und Know-How zu klimafreundlichen Maßnahmen und Klimaschutz, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen.

Hoher Investitionsbedarf

WIFO-Chef Christoph Badelt ging in seinem Impulsreferat auf den Zusammenhang zwischen Klimapolitik und öffentliche Haushalte ein. Badelt appellierte einmal mehr an die Politik, aber auch an die Bürgerinnen und Bürger: „Der Klimawandel ist die größte Problematik, der sich die moderne Gesellschaft stellen muss.“ Tatsache sei laut Badelt, dass es künftig einen sehr hohen Investitionsbedarf geben wird, der auch die öffentliche Hand nicht unberührt lässt. Und er appelliert eindringlich an die Politik, weniger die schlechte Nachricht, als vielmehr die Chance daraus zu sehen, die österreichische Wirtschaft umzubauen. Er ermahnte die Politik, künftig harte Prioritätenentscheidungen treffen zu müssen. Und dabei wird die Klimapolitik eine große Rolle spielen.

Krise als Chance

Moritz Schwarz, Klimaökonom an der Universität Oxford, richtete den Blick auf die langfristigen Nutzen klimafreundlicher Konjunkturpakete. Die Ausgestaltung solcher Maßnahmen ist jedoch nicht nur für die Wirtschaft und die Industrie, sondern auch für die Sozial- und Klimapolitik von enormer Signifikanz. Die einzigartige Gelegenheit, eine Krise als Chance für die Zukunft zu nutzen, darf nicht, wie etwa nach der Finanzkrise 2008/2009, verpasst werden. Aktuelle Forschungsergebnisse der Universität Oxford zeigen, welche Investitionen einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten und gleichzeitig nachhaltige Beschäftigungsimpulse geben können.

Bürger an Board holen

Meteorologe und Klimabotschafter Marcus Wadsak sprach bei den Kommunalen Sommergesprächen 2021 in Bad Aussee über Fakten zum Klimawandel. Er nutzte die Gelegenheit, die Zuhörerinnen und Zuhörer mit erschreckenden Fakten zum Klimawandel und dessen immer spürbar werdenden Folgen wachzurütteln. Wadsak zeigte langjährige Klimaentwicklungen anhand von Statistiken auf und verdeutlichte, dass die enorme Klimaerwärmung der letzten Jahre menschengemacht ist. In Bezug auf die Politik betonte der Klimabotschafter die Dringlichkeit, rasch zu handeln und Emissionen zu reduzieren. Den Gemeinden sprach er seinen Dank für die bereits gesetzten Maßnahmen zum Klimaschutz aus und forderte sie dazu auf, den Menschen in den Gemeinden die deutlichen Vorteile von Klimaschutz aufzuzeigen und sie bei allen Entscheidungen aktiv mitzunehmen.

Kurzimpulse auf hohem Niveau

In einer Reihe von Kurzimpulsen wurde noch tiefer auf die Energiewende und Klimaschutz von verschiedenen Blickwinkeln eingegangen. Staatssekretär Dr. Magnus Brunner nannte drei wesentliche Punkte in der Bewältigung der Klimakrise: Investition, Innovation und Zusammenarbeit. Denn, so Brunner: „Wir schaffen es nur, wenn alle mitmachen und mitmachen können.“

Elena Skvortsova, Vorstandsmitglied der OMV sprach über die Anstrengungen ihres Konzerns, Tankfüllungen in Zukunft grün zu gestalten. Ab 2023 sollen in Schwechat Biokraftstoffe hergestellt werden, und so pro Jahr 360 Tonnen CO2-Emissionen einsparen.

APG-Chef Gerhard Christiner warf den Fokus auf die Herausforderungen der Energiewende für die österreichischen Netzbetreiber. Der Netzentwicklungsplan der APG sieht für die nächsten zehn Jahre ein Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro vor, um den Erfordernissen der Erneuerbaren gerecht zu werden. All diese Entwicklungen, so Christiner, muss der regulatorische Rahmen auch unterstützen. „Die Energiewende entscheidet sich primär in den Netzen, aber dazu brauchen die Netze die Unterstützung des Regulators“, resümierte er.

Verbund-Chef Michael Strugl erklärte die Notwendigkeit, in Zukunft auf Wasserstoff zu setzen. Gerade grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien bietet enormes Potenzial als Ersatz für Wasserstoff aus Erdgas, zur Reduktion von CO2-Emissionen in Industrie und Mobilität sowie als Speichermedium für Wind- und Sonnenstrom. Er hielt auch fest, dass es ohne die Gemeinden keine Energiewende geben kann, denn: „Wir brauchen die Akzeptanz und das Mitgehen der Bürgerinnen und Bürger bei dieser gewaltigen Transformation.“

Ökonom Dr. Karl Steininger betrachtete den wirtschaftlichen Aspekt der Energiewende aus langfristiger Sicht. „Ökonomisch müssen langfristige Folgen, nicht nur gegenwärtiger Profit mitgedacht werden“, so Steininger. Hohe Kosten drohen nämlich vor allem dann, so Steininger, wenn wir unsere Energietechnologie nicht umstellen, weil wir dann den globalen wirtschaftlichen Anschluss verlieren. Er plädierte auch: „Mit den Menschen und für die Menschen umbauen ist das Gebot der Stunde – und Gemeinden haben bereits beste Erfahrungen damit, Projekte gemeinsam mit Bürgern umzusetzen.“

Gemeinden sind Motor der Gesellschaft

Ralph Spiegler – Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes – hat für seinen Impuls die positive Sichtweise auf das Motto der Kommunalen Sommergespräche „Ist die Energiewende machbar?“ gewählt. „Ich sage, ja, die Energiewende ist machbar und ich sage das sehr optimistisch, weil ich bin seit 27 Jahren im Amt und wir haben in den vergangenen Jahren abgesehen von Covid, der Digitalisierung und Katastrophensituationen schon sehr viele Herausforderungen gemeistert.“ Die Gemeinden sind für Spiegler der Motor der Gesellschaft, in denen die Bürgermeister am besten über die Chancen und Risiken vor Ort Bescheid wissen. Was es in den Gemeinden braucht, um Ziele umzusetzen und ein gesundes Lebensumfeld und eine klimafitte Zukunft zu gestalten, ist Planungssicherheit und die finanzielle Ausstattung. Auf der anderen Seite braucht es aber in den Gemeinden auch Macher, Menschen mit Ideen, Vorreiter, aber auch Menschen mit Fehlern. „Und wir brauchen auch gesunde Egoisten, die mutig vorangehen und auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Wenn wir das schaffen, sind die Voraussetzung für lebendige Gemeinden und ein lebenswerte Zukunft gelegt“, sagte Ralf Spiegler.

Nachhaltigkeit in DNA der Gemeinden

Gastgeber Bürgermeister Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, widmete seinen Impuls den Gemeinden und deren Rolle als Pioniere des Fortschritts. Nachhaltigkeit ist in der DNA der Gemeinden, meinte Riedl. Als Beispiel nannte er innovative Ideen aus Gemeinden – etwa ihre Bürgerinnen und Bürger beim Bau von PV-Anlagen zu beteiligen, um diese mitzunehmen. Auch zum Thema Raumordnung fand der Gemeindebund-Chef klare Worte: „Raumordnung den lokalen Einheiten wegzunehmen, halte ich gesellschaftspolitisch für einen Wahnsinn.“ Die lokale Gemeinschaft soll entscheiden, wie sich ihr Zuhause der Ort in dem sie leben, weiterentwickelt. Dann gilt die Rahmengesetzgebung der Länder. „Man missbraucht manchmal die Gemeinden, um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen. Ein Bekenntnis zu einer Entwicklungs- und Fehlerkultur wäre ein wichtiger Impuls“, plädierte Riedl.

Mit Geld das Klima retten

Mitveranstalter der Kommunalen Sommergespräche 2021 und Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Bernd Fislage betrachtete in seinem Impulsvortrag am Donnerstagnachmittag, welche Rolle Green Finance beim Klimaschutz spielt. Unter dem Motto „Wie wir mit unserem Geld das Klima retten“ sprach Fislage über die Kosten der Energiewende. Mit einem Einblick in den Status Quo der Finanzen für Klimaschutz verdeutlichte Fislage, dass insgesamt ausreichend Geld für Klimaschutzinvestitionen zur Verfügung steht. Die Kommunalkredit leistet bereits einen großen Beitrag zu den 17 Zielen der Nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen. Damit zeigte der Vorstandsvorsitzende auf, wie die Gemeinden mit Klimaschutzmaßnahmen beitragen können und dies bereits tun. In seinem Impulsvortrag präsentierte Fislage Best Practice Beispiele von Lösungen für Gemeinden, die in Klimaschutz investieren. Die Beispiele beinhalteten die Finanzierung von Wasserkraftanlagen, Elektrolyseanlagen und andere innovative Ideen zur Energieerzeugung, die durch Kommunalkredit verwirklicht wurden. Zum Abschluss bot Fislage allen Anwesenden eine Partnerschaft an und forderte die Gemeinden dazu auf, rasch zu handeln und Investitionen in Grüne Energie umzusetzen. „Nur mit Geld können wir das Klima retten“, so Bernd Fislage abschließend.

Good Practice zur Vertiefung

In drei Good-Practice Foren wurden im Anschluss an die Impulsvorträge schließlich Klimaneutralität und Klimaschutz von der praktischen Seite beleuchtet. Ausklang fang der gelungene erste Tag der Kommunalen Sommergespräche bei einem gemeinsamen Abendessen. Am Freitag, 3. September, wird das KSG-Programm noch durch spannende Impulse von Bundesministerin Margarete Schramböck, EU-Kommissar Johannes Hahn, dem steirischen Landesrat Johann Seitinger, Dr. Markus Hengstschläger, Genetiker an der Medizinische Universität Wien und von dem Unternehmer Erwin Soravia ergänzt.

– REDAKTION

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