Am 2. und 3. September fanden in Bad Aussee die 16. Kommunalen Sommergespräche statt. Dabie referierten und diskutierten Expertinnen und Experten mit Politikerinnen und Politikern über die Fragen Energiewende und Klimaschutz. Klare Botschaft am Ende der Diskussionen: „Die Energiewende ist schaffbar, aber nur mit den Gemeinden.“
Hier finden Sie einen informativen Auszug aus den Impulsreferaten.
Mehr Informationen und auch Videomitschnitte folgen in den nächsten Tagen auf www.sommergespraeche.at
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler betonte in ihrem Impulsvortrag am Donnerstag, dass die Gemeinden beim Klimaschutz eine wichtige Roile einnehmen. Gewessler: „Mir ist bewusst: Viele Gemeinden sind schon weiter als der Bund. Ob PV-Anlagen oder Nahwärme, nachhaltige Investitionen gehören schon seit Jahren zum Alltag in den Gemeinden.“
In Zukunft will Gewessler eine Schnittstelle zwischen Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften einrichten, mit Informationen und Know-How zu klimafreundlichen Maßnahmen und Klimaschutz, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen.
WIFO-Chef und Fiskalratspräsident Christoph Badelt ging in seinem Impulsreferat auf den Zusammenhang zwischen Klimapolitik und öffentliche Haushalte ein.
Badelt appellierte einmal mehr an die Politik, aber auch an die Bürgerinnen und Bürger:Der Klimawandel ist die größte Problematik, der sich die moderne Gesellschaft stellen muss.“
Tatsache sei laut Badelt, dass es künftig einen sehr hohen Investitionsbedarf geben wird, der auch die öffentliche Hand nicht unberührt lässt. Und er appelliert eindringlich an die Politik, weniger die schlechte Nachricht, als vielmehr die Chance daraus zu sehen, die österreichische Wirtschaft umzubauen. Er ermahnte die Politik, künftig harte Prioritätenentscheidungen treffen zu müssen. Und dabei wird die Klimapolitik eine große Rolle spielen.
Marcus Wadsak fordert Gemeinden auf, Menschen zum Mitmachen zu motivieren
Meteorologe und Klimabotschafter Marcus Wadsak sprach über Fakten zum Klimawandel. Er nutzte die Gelegenheit, die Zuhörerinnen und Zuhörer mit erschreckenden Fakten zum Klimawandel und dessen immer spürbar werdenden Folgen wachzurütteln. Wadsak zeigte langjährige Klimaentwicklungen anhand von Statistiken auf und verdeutlichte, dass die enorme Klimaerwärmung der letzten Jahre menschengemacht ist. In Bezug auf die Politik betonte der Klimabotschafter die Dringlichkeit, rasch zu handeln und Emissionen zu reduzieren. Den Gemeinden sprach er seinen Dank für die bereits gesetzten Maßnahmen zum Klimaschutz aus und forderte sie dazu auf, den Menschen in den Gemeinden die deutlichen Vorteile von Klimaschutz aufzuzeigen und sie bei allen Entscheidungen aktiv mitzunehmen.
Staatssekretär Magnus Brunner nannte in seinem Referat über die Stärkung des heimischen Energiemarkts drei wesentliche Punkte in der Bewältigung der Klimakrise: Investition, Innovation und Zusammenarbeit.
Denn, so Brunner: „Wir schaffen es nur, wenn alle mitmachen und mitmachen können.“
Kernthema der Bundesregierung ist die heimische Energieunabhängigkeit. Dafür seien Investitionen in die heimische Energieproduktion, die Forcierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, die Gründung erneuerbarer Energiegemeinschaften und ein Bürokratieabbau notwendig. Mit dem Erneuerbaren-Gesetz habe man einen Meilenstein gesetzt. Es ist ein große Investitionspaket für die heimische Wirtschaft und stößt Investitionsvolumen von 30 Milliarden Euro an, die in die Wertschöpfung fließen und Arbeitsplätze schaffen.
Ralph Spiegler – Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes – hat für seinen Impuls die positive Sichtweise auf das Motto der Kommunalen Sommergespräche „Ist die Energiewende machbar?“ gewählt.
„Ich sage, ja, die Energiewende ist machbar und ich sage das sehr optimistisch, weil ich bin seit 27 Jahren im Amt und wir haben in den vergangenen Jahren abgesehen von Covid, der Digitalisierung und Katastrophensituationen schon sehr viele Herausforderungen gemeistert.“
Die Gemeinden sind für Spiegler der Motor der Gesellschaft, in denen die Bürgermeister am besten über die Chancen und Risiken vor Ort Bescheid wissen. Was es in den Gemeinden braucht, um Ziele umzusetzen und ein gesundes Lebensumfeld und eine klimafitte Zukunft zu gestalten, ist Planungssicherheit und die finanzielle Ausstattung. Auf der anderen Seite braucht es aber in den Gemeinden auch Macher, Menschen mit Ideen, Vorreiter, aber auch Menschen mit Fehlern. „Und wir brauchen auch gesunde Egoisten, die mutig vorangehen und auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Wenn wir das schaffen, sind die Voraussetzungen für lebendige Gemeinden und ein lebenswerte Zukunft gelegt“, sagte Ralf Spiegler.
Riedl: „Nachhaltigkeit ist in der DNA der Gemeinden“
Gastgeber Bürgermeister Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, widmete seinen Impuls den Gemeinden und deren Rolle als Pioniere des Fortschritts. Nachhaltigkeit ist in der DNA der Gemeinden, meinte Riedl. Als Beispiel nannte er innovative Ideen aus Gemeinden – etwa ihre Bürgerinnen und Bürger beim Bau von PV-Anlagen zu beteiligen, um diese mitzunehmen. Schon lange vor den Freitags-Demos waren Gemeinden Vorreiter, Trendsetter und Transformatoren bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Weiters appellierte der Präsident auch an die Politik in Bund und Land bei Genehmigungsverfahren schneller zu werden. Allzuoft würden Sachverständige wichtige Projekte unnötig blockieren und damit auch Geld verschwenden. Allein Seit Juli 2020 wurden mit Unterstützung durch das Kommunale Investitionspaket des Bundes insgesamt mehr als 800 Millionen an „grünen Investitionen“ in den Gemeinden getätigt. Auch zum Thema Raumordnung fand der Gemeindebund-Chef klare Worte: „Raumordnung den lokalen Einheiten wegzunehmen, halte ich gesellschaftspolitisch für einen Wahnsinn.“ Die lokale Gemeinschaft soll entscheiden, wie sich ihr Zuhause der Ort in dem sie leben, weiterentwickelt. Dann gilt die Rahmengesetzgebung der Länder. „Man missbraucht manchmal die Gemeinden, um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen. Ein Bekenntnis zu einer Entwicklungs- und Fehlerkultur wäre ein wichtiger Impuls“, plädierte Riedl.
Fislage: „Klima mit Geld retten!“
Mitveranstalter der Kommunalen Sommergespräche und Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Bernd Fislage betrachtete in seinem Impulsvortrag am Donnerstagnachmittag, welche Rolle Green Finance beim Klimaschutz spielt. Unter dem Motto „Wie wir mit unserem Geld das Klima retten“ sprach Fislage über die Kosten der Energiewende. Mit einem Einblick in den Status Quo der Finanzen für Klimaschutz verdeutlichte Fislage, dass insgesamt ausreichend Geld für Klimaschutzinvestitionen zur Verfügung steht. Die Kommunalkredit leistet bereits einen großen Beitrag zu den 17 Zielen der Nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen. Damit zeigte der Vorstandsvorsitzende auf, wie die Gemeinden mit Klimaschutzmaßnahmen beitragen können und dies bereits tun. In seinem Impulsvortrag präsentierte Fislage Best Practice Beispiele von Lösungen für Gemeinden, die in Klimaschutz investieren. Die Beispiele beinhalteten die Finanzierung von Wasserkraftanlagen, Elektrolyseanlagen und andere innovative Ideen zur Energieerzeugung, die durch Kommunalkredit verwirklicht wurden. Zum Abschluss bot Fislage allen Anwesenden eine Partnerschaft an und forderte die Gemeinden dazu auf, rasch zu handeln und Investitionen in Grüne Energie umzusetzen. „Nur mit Geld können wir das Klima retten“, so Bernd Fislage abschließend.
Am Freitag, 3. September folgten weitere informative Vorträge von Genetiker Markus Hengstschläger, Projektentwickler Erwin Soravia, Landesrat Johann Seitinger, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und EU-Kommissar Johannes Hahn.
Den Anfang des Tages machte Genetiker Markus Hengstschläger. In seinem Impulsvortrag sprach er über die Innovationsfreudigkeit Österreichs, die im internationalen Vergleich eher niedrig ist. Um im Bereich der Innovation proaktiver zu werden, brauche es ihm zufolge aktive Lösungsbegabung. Menschen müssten bereit sein, ihre Begabungen und Talente einzusetzen und mit Unvorhersehbarkeiten umzugehen. Dazu schlug Hengstschläger auch eine österreichweite Kampagne für Lösungsbegabung vor. Kinder, die lernen, dass ihre Ideen auch funktionieren, können zu den „Innovation Leaders“ von morgen werden. Dabei seien auch die Bildungseinrichtungen in der Verantwortung, so der Genetiker. Wichtig sei es, auch utopische Ziele zu verfolgen, denn „am Weg zu diesen fast unerreichbaren Zielen bleibt man in Bewegung und entdeckt dabei auch Unerwartetes.“
Erwin Soravia, CEO von Soravia, gab unter dem Motto „Ihr Lebensraum ist unser Projekt“ Einblick in die Arbeit von Projektentwicklern in Zeiten verändernder Lebens- und Zukunftsräume in Stadt und Land. „Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben eine wunderschöne Aufgabe, die Lebensräume der Bevölkerung zu gestalten und sind für unsere Arbeit die zentralen Ansprechpartner für die Realisierung unserer Projekte“, so Soravia. Speziell an die Ortschefs wandte sich der Projektentwickler mit der Botschaft: „Bürgermeister sollten gerade bei der Gestaltung von Räumen die Widmung als intelligentes Instrument einsetzen, das unendliche Chancen mit sich bringt. Auch das Thema Zweitwohnsitz wolle Soravia endlich wieder positiv besetzen. „Wir sollten uns über jeden Zweitwohnsitz freuen, denn er ist immer auch eine Chance für die Gemeinde“, sagt Erwin Soravia. Bei großen Entwicklungen brauche man eine klare Vision dessen, was die Zukunft bringt und müsse an deren Umsetzbarkeit glauben. Um einem solchen Prozess gerecht zu werden, müssten Projektentwickler mitunter kurzfristige Einbußen hinnehmen, um langfristig Erfolg zu sichern.
Landesrat Seitinger: „Klimawandel als Chance und Bürde“
Unter dem Titel „Klimawandel zugleich als Chance und als Bürde“ sprach der Steiermärkische Landesrat Johann Seitinger darüber, wie Österreich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Die Naturkatastrophen der letzten Monate würden deutlich machen, dass auch wir in Österreich aktiv werden müssten. Dabei sprach Seitinger mehrere Bereiche an: Er formulierte seine Bitte an die Bürgermeister, das Thema Klimaschutz deutlich zu kommunizieren. Im ländlichen Raum sei es zudem notwendig, die Zukunft der Mobilität zu überdenken und neue Finanzmodelle dafür zu finden. Weiters nannte er die heimische Industrie und die Energieversorgung, die in den Klimaschutz miteinbezogen werden müssten. Besonders im Bausektor müsste die Gesamtenergiebilanz beachtet werden. Anhand von zwei Einkaufskörben mit einerseits internationalen und andererseits regionalen Lebensmitteln veranschaulichte der Landesrat, wie einfach es sei, im Alltag umweltfreundlich zu konsumieren. Zum Abschluss betonte Seitinger, dass in Österreich bereits sehr viel für den Klimaschutz unternommen werde und dass es manchmal notwendig sei, bei zukunftsweisenden Strategien die Bevölkerung vor feste Vorgaben zu setzen, um rascher voranzukommen.
Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck warf den Fokus ihres Impulsvortrages auf das große Potential der Umstellung auf Erneuerbare Energie für die heimischen Betriebe. Durch hauseigene Photovoltaik-Anlagen auf betrieblichen Flächen und Ladestationen für E-Fahrzeuge sparen Unternehmen Stromkosten und können sich aktiv am Kampf gegen den Klimawandel beteiligen. Doch: Es brauche auch neue Ideen, Technologien und neue Lösungen für die neuen Herausforderungen, vor die uns der Klimawandel stellt.
Die Bundesministerin ist sich dabei sicher: „Wir werden das schaffen!“ Schramböck betonte auch, dass sie nicht für einen Klimaschutz durch Verbote, sondern durch Anreize ist. „Wir brauchen Klimaschutz, aber wir müssen auch schauen, wie es den Leuten geht, die auf das Auto angewiesen sind“, mahnte sie.
Um allen Perspektiven Raum zu geben, will die Ministerin, dass die Ausarbeitung der „Strategie 2040“ für den Wirtschaftsstandort Österreich ein partizipativer Prozess wird. Bis Anfang nächsten Jahres soll die Strategie vorliegen.
Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn referierte über die Klimaschutzaktivitäten der Europäischen Union. Ihm zufolge hat das Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den letzten Jahren stark zugenommen. Die EU hat beschlossen, bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustoßen und diese bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Der Europäische Green Deal hat auch geostrategische Relevanz. Damit könne Europa in den nächsten Jahren auch globale Standards setzen. In Summe werden mit dem Green Deal eine Billion Euro mobilisiert, wobei mit einem Klimasozialfonds auch sozial Schwache unterstützt werden. Ein wesentlicher Aspekt sei auch die Sanierung der Gebäude in Europa, so Hahn. 70 Prozent des gegenwärtigen Gebäudebestandes in Europa sind nicht thermisch saniert. Die EU hat auch im neuen EU-Budget 2021 bis 2027 vorgesehen, dass 30 Prozent aller Ausgaben in klimarelevante Projekte fließen müssen. Auch mit dem Wiederaufbauplan der EU nach der COVID-Krise werden Schwerpunkte für grüne Investitionen gesetzt. Österreich ist hier Vorreiter, weil 58,7 Prozent der Mittel des Aufbaufonds in grüne Projekte fließen. Zum Abschluss betonte der EU-Kommissar, dass er das österreichische Erfolgsmodell der EU-Gemeinderäte auch auf andere Länder zu übertragen wolle, da sie Europa näher in die Gemeinden bringen.
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