© BKA/Christopher Dunker

Finanzen

15.06.2022

Regierung präsentierte Entlastungspaket gegen die Teuerung

Die Regierung hat am Dienstag ein 6 Milliarden Euro schweres Anti-Teuerungs-Paket präsentiert. Dieses enthält einerseits kurzfristige Maßnahmen, mit denen die Bevölkerung sofort entlastet wird und anderseits langfristige, strukturelle Änderungen. Bereits im August werden 180 Euro für jedes Kind zusätzlich zur Familienbeihilfe ausbezahlt, im September fließen 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen etwa Sozialhilfebezieher, Arbeitslose und Mindestpensionisten.

Klimabonus bei 250 Euro für alle

Der größte Brocken ist der Klimabonus. Dieser wird von ursprünglich 100 bis 200 Euro je nach Wohnlage auf 250 Euro in diesem Jahr erhöht und um weitere 250 Euro Inflationsabgeltung erhöht. Ab Oktober bekommen damit alle in Österreich lebenden Erwachsenen 500 Euro. Für Kinder gibt es die Hälfte. Zusätzlich werden der erhöhte Familienbonus (2.000 Euro) und der erhöhte Kindermehrbetrag (550 Euro) auf das gesamte Jahr 2022 vorgezogen (ursprünglich ab Juli). Zusätzlich wird für 2022 ein Teuerungsabsetzbetrag von 500 Euro eingeführt. Alle Maßnahmen müssen im Parlament beschlossen werden. Jene, die kurzfristig wirken, werden daher schon dieser Tage eingebracht.

Die Regierungsspitze sprach bei der Präsentation in Superlativen. „Das Volumen ist tatsächlich riesig. Das ist keine Übertreibung oder Zuspitzung, sondern faktisch“, sagte Kanzler Karl Nehammer. „Das ist echt groß, das ist ein Riesenvolumen“, weitere Steuerreformen würden sich erübrigen, weil die kalte Progression abgeschafft werde, sagte Vizekanzler Werner Kogler. Sozialminister Johannes Rauch zeigte sich überzeugt, dass „alle diese Maßnahmen Armut bekämpfen und Armut verhindern werden“.

Die sofortigen Entlastungen für die Menschen kosten fünf Milliarden Euro, für Unternehmen ist eine Mrd. für Entlastungsmaßnahmen vorgesehen. Sie bekommen eine Strompreiskompensation, für energieintensive Firmen sind Direktzuschüsse vorgesehen. Beide Maßnahmen sollen noch heuer wirksam werden. Sie seien auch bereits ausverhandelt, die Details sollen aber erst am Mittwoch nach dem Ministerrat präsentiert werden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums zur APA.

Langfristige Reformen zur Entlastung von Arbeitenden

Langfristig werden die kalte Progression abgeschafft, Sozialleistungen jährlich valorisiert und die Lohnnebenkosten gesenkt. Diese Maßnahmen mitgerechnet hat das Paket ein Volumen von 28 Mrd. Euro. Es ist das bereits dritte Entlastungsbündel, die ersten zwei Energie-Entlastungspakete hatten ein Volumen von insgesamt vier Milliarden Euro.

Finanzminister Magnus Brunner bezeichnete die Abschaffung der Kalten Progression als Frage der Fairness, denn der Staat profitiere von der starken Inflation. „Ich bin froh, dass wir es schaffen, die kalte Progression abzuschaffen.“ Die Steuerzahler würden sich damit bis 2026 anhängig von der Inflationsentwicklung 15 bis 20 Mrd. Euro ersparen. „Es ist ein gewaltiger Wurf.“

Die Steuerstufen sollen erstmals am 1. Jänner 2023 und dann jährlich an die Inflation angepasst werden. Wifo und IHS sollen dafür einen jährlichen Progressionsbericht erstellen. Die jeweilige Jahresinflation soll dabei zur Gänze abgegolten werden, zu zwei Drittel automatisch für alle Steuerstufen mit Ausnahme des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent und zu einem Drittel manuell durch den Gesetzgeber. Die Politik behalte so Spielraum zur Umverteilung und könne etwa niedrigere Einkommen stärker entlasten, erklärte Kogler mit Verweis auf das deutsche Modell.

Paket zur Hälfte durch Mehrwertsteuer finanziert

Laut Brunner werden sich die 28 Milliarden Euro zur Hälfte durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen aufgrund der Inflation und zu einem Drittel durch höheren Konsum finanzieren. In Summe seien das 24 Mrd. Euro. Vier Milliarden müssen damit aus dem Budget finanziert werden. Wie Finanzminister Brunner in einem Hintergrundgespräch am Nachmittag erörterte, erwarten die Wirtschaftsforscher keinen Anstieg der Inflation durch die Maßnahmen. Auswirkungen werden diese freilich auf das Budget haben.

Das Maastrichtdefizit wird 2023 2,4 statt 1,5 Prozent des BIP ausmachen und bis 2026 auf ein Prozent statt null Prozent sinken. Die Staatsschulden werden von derzeit 81 auf 74 Prozent des BIP bis 2026 sinken. Der Ausfall an Steuereinnahmen durch die Abschaffung der kalten Progression sei mit den Ländern, die ebenfalls weniger Geld bekommen, abgesprochen, so Brunner. Das werde im Finanzausgleich, der im Herbst verhandelt wird, abgebildet sein.

Die Politik verliere durch die automatische Abschaffung der kalten Progression Spielräume. Gewisse Gestaltungsmöglichkeiten bleiben trotzdem erhalten, weil der Automatismus nur zwei Drittel der kalten Progression betrifft. Wie das dritte Drittel abgegolten werde, entscheidet jeweils die Politik. Automatisch angepasst werden nur die Tarifstufen und Absetzbeträge sowie die Negativsteuer, nicht aber die Freibeträge. Damit könne die Politik gezielt steuern, so Brunner.

-APA

© Copyright - Kommunalnet