fefufoto - Fotolia.com

Best-practice

07.12.2022

Wackersdorf geht mit digitalem Winterdienst in die kalte Jahreszeit

Der Sommer 2022 bahnte sich in Sachen Sonnenstunden, Hitze und Trockenheit nicht nur in Wackersdorf (Bezirk Oberpfalz, Bayern) seinen Weg an die Spitze. Zahlreiche Gemeinden und Städte stellen sich momentan die Frage: Wenn der Sommer schon so extrem war, wie wird erst der Winter?

Aktuelle Wettermodelle berechnen für 2022/2023 einen kälteren Winter als für letztes Jahr. Rund um Heiligabend sollen Extremtemperaturen herrschen. Das bedeutet in vielen Teilen Österreichs wieder: Eis und Schnee – und damit glatte Straßen. Laut Prognosen wird der Winterdienst in den Städten und Gemeinden viel zu tun haben. Und auch in der bayerischen Gemeinde Wackersdorf muss zuverlässig geräumt und gestreut werden.

Wofür Winterdienst – welche Aufgaben fallen darunter?

Sobald der erste Schnee fällt oder Straßen durch eisige Glätte zur Gefahrenzone werden, hat die „Schneeräum- und Streupflicht“ oberste Priorität in deutschen und österreichischen Städten. Bauhof, Stadtverwaltung und Winterdienstanbieter müssen in der kalten Jahreszeit die Verkehrssicherungspflicht gewährleisten – und dafür Schnee und Eis von den öffentlichen Verkehrswegen zuverlässig beseitigen.

In Wackersdorf bedeutet das konkret: Drei Unimogs räumen mit Schneepflug die größeren Straßen in den Ortsteilen. Für die Räumarbeiten in kleineren Straßen und Gassen werden kommunale Kleinfahrzeuge eingesetzt. Bushaltestellen, Gehwege und Friedhöfe per Hand von zwei bis vier Mitarbeitenden geräumt und gestreut. Bei Schnee und Kälte ist der Winterdienst täglich viele Stunden im Einsatz.

Winterdienst in Wackersdorf: Der Weg in Richtung Digitalisierung

Doch die Gemeinde Wackersdorf hatte im Winter bisher nicht nur mit Schnee und Eis, sondern auch mit anderen, typischen Problemen zu kämpfen: Die Dokumentation auf Papier gestaltete sich häufig als zeitaufwendig und kompliziert. Und auch die Organisation des Winterdienstes war jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung. Da nicht in Echtzeit verfolgt werden konnte, wer sich wo befand, war es schwierig, schnell festzustellen, ob wirklich jede Straße abgefahren wurde. Besonders im Falle von Sach- oder Personenschäden ist es wichtig, nachweisen zu können, dass Mitarbeitende wirklich vor Ort waren und die Räum- und Streupflicht erfüllt wurde. „Dann muss man oft auf die Schnelle genau den richtigen schriftlichen Beleg finden“, berichtet der Bauhofleiter Herr V. Keil.

Erster Bürgermeister Thomas Falter und der Bauhof waren sich einig: Es soll gemeinsam eine effiziente, digitale Lösung erarbeitet werden. Digitalisierung bedeutet auch Wandel, doch eine anfängliche Unsicherheit konnte inzwischen ausgeräumt werden. Vor allem auf Mitarbeiterebene mussten dafür aber neue Schritte gewagt werden. Um Unklarheiten zum Thema Datenschutz zu beseitigen, wurde dem Personalrat ein Dokument vorgelegt, durch das ersichtlich war, welche Daten der Mitarbeitenden erfasst werden. „Vor allem die Tatsache, dass die App die Aufzeichnung automatisch stoppt, wenn Mitarbeitende die Straße verlassen, hat uns dann aber überzeugt“, erzählt ein leitender Mitarbeiter, und weiter: „Letztendlich geht es bei der Erfassung der zurückgelegten Strecke auch um die Sicherheit der Mitarbeitenden.“

Auf der Suche nach einem geeigneten System für den Winterdienst fiel die Entscheidung schließlich schnell auf den Anbieter „EineStadt“, da deren Anwendung in Wackersdorf bereits routiniert vom Bauhof für die Kontrollen und Wartung von Spielplätzen, Hundestationen, Sitzgelegenheiten, Straßenschäden, Grünflächen und Gebäudeinventar genutzt wurde. Nachdem die Lizenz erworben wurde, konnte das cloudbasierte System von den Mitarbeitern von EineStadt eingerichtet werden. Der Bauhof erhielt anschließend eine kurze, anschauliche Schulung, dann ging es los: Eine Testfahrt konnte erfolgreich abgeschlossen werden. „Die Aufzeichnung meiner Route funktioniert einwandfrei“, freut sich der Bauhofleiter während der ersten Fahrt. Die abgefahrenen Straßen werden in der übersichtlichen Karte grün dargestellt; die noch nicht abgefahrenen bleiben rot. „Und ich kann während der Fahrt auch sehen, wo die anderen Fahrer schon überall waren“, sagt er.

Digitaler Winterdienst in Wackersdorf: So läuft ein „ganz normaler Wintertag“ in der Gemeinde ab

Nur eines ändert leider auch die Digitalisierung nicht: Der Tag der Mitarbeitenden im Winterdienst beginnt sehr früh. Um 3 Uhr morgens startet die erste Schicht mit der Kontrollfahrt. Der zum Ausschaudienst eingeteilte Mitarbeiter, Herr M. Wittmann, muss allerdings nicht erst Dienstpläne rauskramen oder an den Bauhof fahren:

Er zückt noch zu Hause sein Smartphone, schaut in die App und sieht den Auftrag, der jede Nacht gegen Mitternacht generiert wird. Er blickt zum Fenster hinaus. Es hat einige Zentimeter geschneit und das Außenthermometer zeigt Minusgrade an. Heute darf er seinen Auftrag leider nicht einfach abhaken, ohne eine weitere Maßnahme ergriffen zu haben. Er bestätigt den Auftrag und gibt weiteren Mitarbeitenden über die App Bescheid. Spätestens ab 4 Uhr sind dann fünf Mitarbeitende im Einsatz. Herr Wittmann klemmt sein Smartphone in die Halterung der Frontscheibe seines Winterdienst-Fahrzeuges, öffnet die digitale Karte in der App und drückt auf „Play“. Seine Zone im Streckennetz wird bereits angezeigt. Er startet seine Fahrt und sieht, wie sich die befahrenen Teile seiner Strecke erst gelb, dann grün färben. Zum Glück muss er sich nicht mehr so wie früher merken, wo er schon überall unterwegs war.

Bis auf eine kleine Straße am Ortsrand hat Herr Wittmann alles geräumt und gestreut. Er fährt also auf dem direkten Weg dorthin – und bemerkt, dass die Straße nicht vollständig passierbar ist. Ein Baum hat der Schneelast nachgegeben und ist auf die Fahrbahn gestürzt. Es gab zum Glück keinen größeren Schaden; der Baum muss trotzdem schnellstmöglich entfernt werden. Der Bauhof-Mitarbeiter macht ein Foto mit seinem Smartphone und legt in der App schnell einen Auftrag für seine Mitarbeitenden an, die den Baum mit schwerem Gerät entfernen und die Straße wieder frei machen sollen.

Wie funktioniert der digitale Winterdienst?

Sobald Mitarbeitende die digitale Karte in der „EineStadt“-App öffnen, beginnt nach Zustimmung bereits die Auswertung der Standortdaten. Diese werden wie gewohnt durch Mobilfunkdaten und GPS bestimmt. Und auch während der Fahrt müssen Mitarbeitende nichts weiter tun, als sich auf ihre eigentlichen Tätigkeiten zu konzentrieren. Die Route wird in der App automatisch in der Karte aufgezeichnet.

Während der Fahrt ist nun stets der eigene Standort sichtbar, welcher durch einen blauen Punkt auf der Karte dargestellt wird. Mitarbeitende sehen genau, welche Strecken abgefahren werden müssen. Während der gesamten Aufzeichnung pulsiert das rote „Record-Symbol“ in der Winterdienst-App. Und auch offline funktioniert das Tracking: Sobald Mitarbeitende wieder im Empfangsgebiet sind, färben sich hellgrüne Linien dunkelgrün.

Während der Fahrt können Mitarbeitende in der digitalen App auch Besonderheiten oder Probleme dokumentieren: Per Touch, Spracheingabe oder mit einem Foto werden Missstände schnell festgehalten. Der betroffene Straßenabschnitt wird in der Karte dementsprechend markiert. Das Problem kann im System direkt an Mitarbeitende oder externe Firmen weitergeleitet werden, um es beseitigen zu lassen.

Haftungsrisiko wird reduziert

So kann Herr Wittmann beispielsweise auch parkende Autos direkt in der App dokumentieren. Denn: An dieser Stelle ist der Winterdienst nicht uneingeschränkt möglich. Die App bietet nun die Möglichkeit, bei Beschwerden von Bürger/-innen aufzudecken, woher das Problem kommt. Und auch wenn es auf der Straße tatsächlich einmal zu Sach- oder Personenschäden kommt, kann die Streckendokumentation jederzeit weitergeleitet werden. „Dadurch ist das Haftungsrisiko jetzt drastisch reduziert“, sagt Herr Keil erleichtert, während er in die Übersichtskarte in seinem PC-Browser öffnet. „Ich kann vom Büro aus jederzeit feststellen, wo meine Mitarbeitenden bereits waren, auch wenn es bereits Monate zurückliegt“, so Keil.

Aufträge planen und verteilen

Sowohl am PC als auch auf mobilen Endgeräten wird ein Kalender eingeblendet, in dem die bereits angelegten Mitarbeiterschichten je nach Auftrag farblich dargestellt werden. Von hier aus können auch direkt neue Aufträge angelegt werden oder bei Krankheit ein vorhandener Auftrag einem anderen Mitarbeitenden zugewiesen werden. Auch Tournummer, KFZ-Kennzeichen oder Notizen können im Auftrag ergänzt werden.

Strecken können durch den Bauhofleiter verschiedenen Mitarbeitenden zugewiesen werden und bekommen dann eine Stecknadel in der Karte. Je nachdem, ob geräumt oder gestreut werden soll, bekommen die Stecknadeln eine individuelle Farbe. In der Karte können auch Zonen farblich eingeteilt werden.

Mitarbeitende erhalten ihre Aufträge für die Kontrollfahrt und den Räum- und Streudienst automatisch gegen Mitternacht und können diese dann nacheinander abarbeiten. Bei jeder abgefahrenen Strecke verschwindet die Stecknadel automatisch. Haben Mitarbeitende ihren Auftrag erfüllt, werden sie zu einer Übersicht weitergeleitet. Das verwendete Material wie Sole, Salz oder Splitt, kann als Pflichtangabe oder auf freiwilliger Basis erfasst werden. Die Mitarbeitenden geben zuletzt noch eine digitale Unterschrift für das abgefahrene Gebiet ab. Nun bekommt der oder die Bauhofleiterin eine Mail, dass alles erfüllt wurde. „Und falls Mitarbeitende eine Strecke nicht innerhalb der erforderlichen Zeit abgefahren haben, werde ich auch per Mail benachrichtigt. Dann muss mit der einzelnen Person Rücksprache gehalten werden, ob es Probleme gab“, erklärt der Bauhofleiter.

Aufträge auswerten, Berichte erstellen – für einen rechtssicheren Winterdienst

Die fahrerbezogene Auswertung zeigt farblich in einer Karte dargestellt, wo der Winterdienst am selben Tag bereits stattgefunden hat und wo er noch aussteht. Streckenprotokolle können auf Tageszeiten und auf ein bestimmtes Datum eingegrenzt werden. Diese Auswertung erleichtert überdies die Erstellung neuer, noch effizienterer Streupläne, die sich mittels App und am PC für Wochen und Monate im Voraus planen lassen.

Streckenprotokolle kann man jederzeit nach Straße, Mitarbeitenden und Datum filtern, in Tabellenform anzeigen und als PDF oder Excel ausgeben lassen, inklusive der Information, ob der Mitarbeiter via Standortdaten vor Ort war. Genaue Zeitstempel werden hier aus Datenschutzgründen ausgeblendet und können erst bei berechtigter Nachfrage beim App-Anbieter eingesehen werden.

Durch die detaillierte Auswertung kann Wackersdorf dieses Jahr nicht nur schnell und effizient Aufträge planen und an die passenden Mitarbeitenden vergeben, sondern auch genau feststellen, wie viele Tonnen Splitt und Salz jeden Tag verbraucht wurden.

Unkomplizierter Start: Die digitale Lösung kann schnell eingesetzt werden

Benötigt wird für den digitalen Winterdienst ein aktuelles Straßennetz vom örtlichen Vermessungsamt. In Bayern ist dafür das „Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung“ zuständig, in Österreich sind es vermutlich die Vermessungsämter in den Bezirken. Je nach Vertrag zwischen Kommune und Landesamt ist der Bezug des aktuellen Straßennetzes in der Regel kostenlos. Das Netz wird im Anschluss von der Firma „EineStadt“ in die App integriert und kann ab diesem Zeitpunkt für das Tracking benutzt werden. Kommen neue Straßen hinzu, können diese entweder durch die Nutzer/-innen eingezeichnet, oder durch ein Update mit neuen Vermessungsdaten hinzugefügt werden.

Nun brauchen Mitarbeitende nur noch ein Tablet oder Smartphone mit Android oder iOS, eine Halterung für die Frontscheibe – und die Lizenz bei EineStadt. Schon kann der digitale Winterdienst starten.

Thomas Falter, erster Bürgermeister der Gemeinde fasst zusammen: „Die App von EineStadt reduziert Bürokratie und erleichtert Kommunikation und Workflows erheblich. Die vielseitigen Möglichkeiten im Winterdienst haben uns überzeugt.“ Wackersdorf macht es vor, zahlreiche weitere Gemeinden, Städte und Winterdienst-Unternehmen in ganz Deutschland machen es nach und erleichtern sich die Arbeit im kalten Winter durch die brandneuen Möglichkeiten der Digitalisierung. Nun soll die Technologie auch in Österreich angeboten werden.

-S. FIEDLER (Einestadt.com)

© Copyright - Kommunalnet