Frauen sind immer noch selten in der Kommunalpolitik – die Gründe dafür sind unterschiedlich, sie spiegeln aber die anhaltenden Ungleichheitsverhältnissen unserer der Gesellschaft wider. Dass es auch anders geht, beweisen diese Vorzeigebeispiele: In Sulz im Weinviertel regieren Frauen das Gemeindeamt. Mit einer Bürgermeisterin, einer Vizebürgermeisterin und einer Amtsleiterin sind hier alle drei Spitzenfunktionen weiblich besetzt. Doch damit nicht genug.
Sulz: Frauen bilden Alleinregierung
Neben dem weiblichen „Triummulierat“ (weibliches Pendant zu Triumvirat) sind auch sämtliche Mitarbeiterinnen am Gemeindeamt Frauen. „Alles in starker weiblicher Hand“, erzählt Amtsleiterin Gabriela Würrer schmunzelnd. „Außer der Bauhof“, fügt sie lachend hinzu. Es ist die einzige Gemeinde Österreichs mit reinem Frauenteam. Gekommen sei das durch Zufall, meint die Amtsleiterin der 1.200-Einwohner-Gemeinde. Seit den letzten Kommunalwahlen ist die Stellvertretung der Bürgermeisterin auch eine Frau, „in der Verwaltung sind wir schon seit 2003 nur Damen“, so Würrer. Bürgermeisterin Angela Baumgartner ist stolz auf ihr Team: „Bei uns wird wirklich hart gearbeitet, trotzdem können wir auch gut gemeinsam lachen. Man muss bei der Arbeit auch Spaß haben können.“
Auf Frauen zugehen und sie „reinschnuppern lassen“
Im Sulzer Gemeinderat ist der Frauenanteil nicht ganz so hoch. „Es wäre aber auch nicht gut, wenn nur Frauen die Bevölkerung politisch repräsentieren würden. Ein ausgeglichenes Verhältnis soll es sein“, so Baumgartner. Sie findet es schwer, Frauen für die Kommunalpolitik zu begeistern. „Besonders jüngere Frauen mit Kindern haben oft keine Zeit dafür, sich politisch zu engagieren“. Dazu kommt, dass man sich als Frau in der Politik immer noch mehr beweisen muss als Männer. Die Bürgermeisterin erzählt, wie sie sich anfangs von der „älteren Generation“ nicht ganz ernst genommen gefühlt hat. Am besten erreiche man Frauen, wenn man sie „reinschnuppern“ lässt, so die Ortschefin.
Ein reger Austausch ist der Bürgermeisterin sehr wichtig: „Ich will keine Dorfkaiserin werden, man soll auch andere Meinungen zulassen können. Egal ob männlich oder weiblich – man muss ein Gspür für die Leut‘ haben.“
Pörtschach setzt positives Zeichen für Frauen in Kommunalpolitik
In der Kärntner Gemeinde Pörtschach am Wörther See wurde die weibliche Spitze bei den Kommunalwahlen im Februar 2021 bestätigt. Es ist ein schönes Ergebnis für Bürgermeisterin Silvia Häusl-Benz – sie wurde im ersten Wahlgang wiedergewählt. Doch auch die Verwaltung der Kärntner Gemeinde mit knapp 2.900 Einwohnern liegt in Frauenhand: Claudia Zürner kümmert sich als Amtsleiterin darum, dass in Pörtschach alles rund läuft. Bis zuletzt gab es zudem auch eine Vizebürgermeisterin. Ob das Frauentrio bestehen bleibt, wird sich nach der konstituierenden Sitzung am 7. April herausstellen. „Ich sehe das sehr neutral“, so die Ortschefin. „Ob Mann oder Frau, bei Spitzenpositionen geht es um die persönlichen Stärken“.
Häusl-Benz ist stolz darauf, bereits in ihrer ersten Amtszeit viele Frauen für den Gemeinderat gewonnen zu haben. Wichtig sei die Kommunikation, meint die Bürgermeisterin. „Frauen können das genauso gut wie Männer, oft scheitert es nur an der fehlenden Information und Aufklärung.“ Man müsse den Menschen erst erklären, wie die Arbeit in der Gemeinde funktioniert, so Häusl-Benz. „Sobald sie das sehen, wollen viele auch die Möglichkeit nutzen, aktiv mitzugestalten.“
Frauen erfüllen wichtige Multiplikatoren-Rolle
Die Pörtschacher Bürgermeisterin betont: „Frauen sind wichtige Multiplikatoren – sie haben oft mehr Einblick in Bereiche wie Kindergarten, Schule und soziale Einrichtigungen und können daher viele wertvolle Erfahrungen einbringen.“ Noch hat sich der neue Gemeinderat nicht neu formiert, doch der Frauenanteil wird sich voraussichtlich fast verdreifachen: Aktuell sind von 19 Mitgliedern drei weiblich. Am 7. April werden insgesamt acht Gemeinderätinnen angelobt – damit sind fast die Hälfte Frauen. Das mag an den engagierten Pörtschacherinnen selbst liegen – oder aber am positiven Beispiel der starken Frauen ihrer Spitze.
Zwei starke Frauen für Atzenbrugg
Atzenbrugg im Bezirk Tulln nimmt ebenfalls eine Vorbildfunktion ein: Wenn es brennt, so sind die wichtigsten Entscheidungsträgerinnen sofort zur Stelle – denn Atzenbrugg hat sowohl im Gemeindeamt als auch im Feuerwehrhaus eine first Lady. Beate Jilch ist seit 2019 Bürgermeisterin der rund 3.500-Einwohner-Gemeinde, Magdalena Draxler seit Jänner dieses Jahres als eine von wenigen Frauen Feuerwehrkommandantin der Freiwilligen Feuerwehr Atzenbrugg.
-E.SCHUBERT