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Digitalisierung

Umfragen

03.01.2023

Was beschäftigt Österreichs Gemeinden?

Die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen, eine transparente Haushaltsführung und Berichterstattung sowie die Sicherstellung der Daseinsvorsorge stehen im Fokus der österreichischen Gemeinden. Dazu braucht es unter anderem ausreichend qualifiziertes Personal, das schwer zu finden ist. Diese Erkenntnisse gehen aus der KPMG-Umfrage „Kommunales Management – Governance für Morgen“ hervor, die in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Oberösterreich, Arbeitsbereich Public Management, durchgeführt wurde.

Ziel der Studie war es, ein Stimmungsbild in Österreichs Gemeinden zu erheben, um politischen Entscheidungsträgern, sowie leitenden Verwaltungsbediensteten Ansätze und Impulse für die zukünftige Gestaltung des kommunalen Managements zu liefern.

Nachhaltigkeit wird in Gemeinden groß geschrieben

Die Ergebnisse der Studie belegen, dass an der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele intensiv gearbeitet wird. 84 % der befragten Gemeindevertreterinnen und -vertreter geben an, dass Nachhaltigkeit für sie (sehr) wichtig ist. Doch nur knapp neun Prozent geben an, dass bereits Projekte in ihrer Gemeinde umgesetzt wurden.

Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energieträger ist die Motivation groß: 44 % sind dabei, konkrete Maßnahmen, wie etwa Photovoltaik-Projekte, zu realisieren. Die Gemeinden sind auch im Bereich Infrastruktur und Mobilität (13%) aktiv: Der Ausbau des Radwegnetzes sowie E-Tankstellen zählen zu den avisierten Projekten.

„Der seitens der Teilnehmenden angemerkte, relativ geringe Umsetzungsgrad von Nachhaltigkeitsprojekten lässt sich auf die umfassende Dichte an Aufgaben und Herausforderungen sowie auf die begrenzt verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen zurückführen“, fasst es KPMG-Partner Michael Klewan zusammen.

Angespannte Personalsituation

Hier zeigt die Studie, dass die Personalsituation in den Gemeindeverwaltungen angespannt ist. Der allgemeine Fachkräftemangel ist auch in Österreichs Gemeinden spürbar. In den kommenden fünf Jahren wird die Pensionierungswelle zu deutlichen Personalabgängen führen.

„Die Herkulesaufgabe der Gemeinden liegt darin, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ausreichender Anzahl zu finden und zu gewinnen, um die Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten und die bevorstehenden Aufgaben zu bewältigen“, bestätigt Franziska Cecon, Professorin für Public Management an der FH OÖ das Befragungsergebnis.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, dass in rund 45 % der Gemeinden bis zu 10 % der Bediensteten in Pension gehen. In etwa einem Drittel der Gemeinden werden zwischen 11 und 20 % und in zwei von zehn Gemeinden mehr als 20 % der Belegschaft pensioniert werden. Die Studie belegt dabei auch, dass größere Gemeinden stärker von der Pensionierungswelle betroffen sind.

Digitalisierung erhöht Risiko von Cyberattacken

Digitalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen können bei der Bewältigung der Personalengpässe unterstützen. Der Ausbau der Digitalisierung und das steigende Angebot an Homeoffice Arbeitsplätzen, wie auch die stärkere Vernetzung der Gemeinden, erhöhen jedoch auch das Risiko von Cyberattacken. Aktuelle Beispiele zeigen die Brisanz und Wichtigkeit eines effektiven Schutzes der Daten und IT-Infrastruktur vor derartigen Angriffen.

Zum Zeitpunkt der Umfrage war jedoch nur etwa jede zehnte befragte Person der Meinung, dass das Thema Schutz vor Cyberkriminalität in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Mangel an Kindergartenpädagoginnen

Die Personalengpässe schlagen sich auch abseits der Verwaltung nieder. In den kommenden fünf Jahren wird z. B. die Ausweitung der Kinderbetreuungsangebote am stärksten an Bedeutung gewinnen. Dies erfordert vor allem eine ausreichende Verfügbarkeit von Pädagog:innen und Betreuer:innen. Genau dies stellt gegenwärtig für viele Gemeinden ein schwerwiegendes Problem dar, weshalb teilweise Betreuungsplätze reduziert werden müssen.

Gemeindefinanzen sind angespannt

Im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von finanziellen Ressourcen gibt jeder sechste Teilnehmende an, dass die Finanzierungsrechnung negativ ist. Jeder fünfte Teilnehmende erklärt, dass die Ergebnisrechnung der Gemeinde negativ ist.

Beide Kennzahlen weisen darauf hin, dass bei einem bedeutsamen Teil der Gemeinden Ergebnis- und Finanzierungshaushalt angespannt sind.

Abhilfe könnte zukünftig die sorgfältige Aufbereitung und kritische Analyse von geplanten Investitionsentscheidungen schaffen. Folgekosten der geplanten Investitionen bilden dabei einen wesentlichen Entscheidungsfaktor. Die Studie stellt jedoch dar, dass nur in jeder zweiten Gemeinde Folgekosten von Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden.

VRV erhöht Transparenz

Mit der Einführung der VRV 2015 wurden insbesondere die Ziele Stärkung der Transparenz und Vergleichbarkeit der Gemeindehaushalte verfolgt. Die Studie ergab, dass jeder fünfte Teilnehmende durch die VRV 2015 eine verbesserte Transparenz und Haushaltssteuerung erkennt, wobei Politiker:innen diesen Aussagen etwas häufiger zustimmen, als Befragte in einer Verwaltungsfunktion. Tendenziell sind eher Teilnehmer:innen von großen Gemeinden (mehr als 5.000 Einwohner:innen) dieser Meinung als jene von mittleren oder kleinen Gemeinden.

Korruptionsprävention wird als wichtig angesehen

Eine transparente und offene Berichterstattung trägt zur Reduktion des Korruptionsrisikos bei. Korruptionsprävention wird vom Großteil (76,1 %) der Teilnehmenden als zumindest wichtig angesehen, was sich auch im Vorhandensein einschlägiger Regelungen widerspiegelt.

Ein Drittel der Befragten gibt an, dass die gesetzlichen Vorgaben klare Verhaltensregeln beinhalten und daher keine eigenen internen Regeln erfordern.

 „Dadurch ist erklärbar, dass ein System zur Sicherstellung der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien (Compliance Management System) bei weniger als 5 % der Befragten vorhanden ist. Hier ist durchwegs Entwicklungspotential zu orten“, bringt es Sonja Irresberger, Senior Managerin bei KPMG, auf den Punkt. Durch eine systematische Adressierung von Rechtsrisiken können Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung zielgerichteter implementiert sowie geschult werden. Zu diesen gehören als wesentliches, wenn auch unbeliebtes, Element Sanktionierungsmaßnahmen bei Compliance Verstößen. Diese Maßnahmen sind den Befragten aktuell kaum bekannt. Prävention, Identifikation und Reaktion sind Eckpfeiler eines Compliance Management Systems und könnten in den Gemeinden strukturierter verankert werden.

Die wichtigsten Zukunftsthemen

Neben der Kinderbetreuung (82,5 % Zustimmung) zählen Schaffung und Ausbau leistbaren Wohnens (68,7 %) sowie Breitband Ausbau (58,6 %), dicht gefolgt von Attraktivierung des Gemeinde- bzw. Stadtzentrums, Energie-Selbstversorgung sowie Reduktion von Bodenversiegelung und Nutzung von Leerständen bzw. Brachen mit jeweils rund 50 % Zustimmung zu den Top-Zukunftsthemen der Gemeinden.

Die zahlreichen sich aktuell überlagernden Krisen fordern die Gemeinden mehr denn je. So verwundert es kaum, dass mehr als ein Drittel der Teilnehmenden den Gemeinden eine wachsende Bedeutung als Krisenmanager und Vermittler zuschreiben.

-REDAKTION (Quelle: KPMG)

Über die Umfrage

Die anonym durchgeführte Umfrage fand von Mitte März bis Mitte April 2022 statt. 527 Personen aus mehr als 300 österreichischen Gemeinden (rund 15 % aller österreichischen Gemeinden) nahmen daran teil. Aufgrund der hohen österreichweiten Teilnahmequote konnte ein verlässliches Stimmungsbild gewonnen werden.

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