A. Dengs_pixelio.de

Infrastruktur

Recht

12.12.2023

Vom Pflügen und Salzen: Fragen und Antworten zum Winterdienst

Wo endet die Verantwortung der Gemeinde bei einer Schneefahrbahn und welche Streumittel sollten wann eingesetzt? Kann man den lästigen Winterdienst nicht einfach auslagern? Was Sie als Gemeindevertreter zu dem Thema wissen müssen.

Wichtigste Fragen zum Winterdienst

Erstmals seit Jahren liegt in ganz Österreich Schnee. Damit steigen die Chancen auf weiße Weihnachten. Wird es wieder einmal richtig winterlich? Kommen noch weitere Schneemengen auf uns zu? Oder kann man im Pulli zum Glühweinstand gehen? Wir wissen es nicht. Fix ist nur: Sie als Bürgermeisterin oder Bürgermeister müssen auf jedes Szenario vorbereitet sein. Denn eines steht fest: Winterdienst ist Gemeindesache.

Wenn das Laub am Boden liegt und die Tage immer kürzer werden, sollte Ihre Gemeinde für den Ernstfall gerüstet sein: die Fahrzeuge und Geräte für den Winterdienst gewartet, die Einsatzpläne auf dem neuesten Stand und die neuen Bediensteten eingewiesen. Den Räumkräften sollten ihre jeweiligen Gebiete zugewiesen werden, Arbeitsvereinbarungen und Versicherungen abgeschlossen. Winterdienst bedeutet auch jede Menge Papierkram. Aber wo genau fängt Ihre Verantwortung als Gemeindevertreter an – und wo hört sie auf?

Wir haben für Sie die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema Winterdienst zusammengestellt.

Müssen alle Straßen und Gehsteige rund um die Uhr besenrein und gestreut sein?

Nein. Aufgabe der Gemeinde ist es, Gefahren infolge winterlicher Glätte zu beseitigen – im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit. Die Gemeinde muss nicht jedes potenzielle Unfallrisiko für Fußgänger oder Autofahrer ausschließen. Es gibt auch eine Eigenverantwortung: Winterreifen und eine vorsichtige Fahrweise sind für die Verkehrssicherheit wichtiger als der kommunale Winterdienst. Das sollten Sie der Bevölkerung auch kommunizieren.

Wann beginnt der Winterdienst?

Sobald Schnee liegt oder die Straßen durch die Kälte bereits glatt sind. Das muss nicht unbedingt temperaturabhängig sein. Der Schnee sollte so rasch wie möglich beseitigt und die Straße gestreut werden werden – bevor er sich verdichtet hat. Dann wird es nämlich umso schwieriger.

Wie lange dauert der Winterdienst?

Solange die Glätte andauert. Sollte das Streugut seine Wirkung verlieren, müssen die Bediensteten erneut ausrücken.

Welche Streumittel sollten verwendet werden?

Man unterscheidet zwischen „auftauenden“ (Salz) und „abstumpfenden“ (Splitt) Streumitteln. Gesalzen wird in der Regel bei stark befahrenen Straßen. Bei anderen, mit weniger als 2.500 Fahrzeugen pro Tag, sollte aus Gründen des Umweltschutzes Splitt zum Einsatz kommen. Gerade bei kleinen Nebenstraßen ist es eine Überlegung wert, ganz auf Streuung zu verzichten. Denn diese verleitet oft zum schnelleren Fahren. Studien zufolge gibt es weniger Unfälle auf völlig ungestreuten Straßen.

Gibt es eine klare Regel, wann und wo Salz gestreut werden muss?

Nein. Gerade in Landgemeinden mit großem Wegenetz ist das eine Kostenfrage und eine Frage der ökologischen Abwägung. Wenn das Salz versickert, kann das Auswirkungen auf den Boden und die Pflanzenwelt haben. Die Entscheidung müssen also letztlich Sie als Gemeindeoberhaupt treffen. Oft wird es ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen sein, abhängig von der Wichtigkeit der Straße, Gefahrenzonen und natürlich den Wetterverhältnissen.

Welche Fahrzeuge werden wo eingesetzt?

Im Wesentlichen werden die Fahrzeuge in drei Gruppen eingeteilt: LKW, Traktor sowie Geräteträger wie Unimogs. LKWs kommen in der Regel beim Streuen auf größeren Straßen zum Einsatz. Traktoren sind wendiger, sie eignen sich für den innerörtlichen Bereich, wo es scharfe Ecken gibt und man auf Gehsteigkanten oder parkende Autos aufpassen muss. Die kleinen Unimogs oder Geräteträger sind besonders im städtischen Bereich mit schmalen aber ausgedehntem Streckennetz hilfreich.

Welche Geräte kommen zum Einsatz?

Zur Grundausstattung einer Gemeinde sollten Aufbauten wie Schneepflug und Streuer gehören, auch eine Schneefrässchleuder ist sehr hilfreich. In vielen Fällen komplementieren diese Geräte die Mähausrüstung für die Sommermonate. Zur Standardausrüstung sollte auch eine Kehrmaschine gehören, damit der Splitt im Frühling wieder verschwindet.

Worauf sollte man bei einer Neuanschaffung achten?

Eine Landgemeinde mit weitem Wegenetz steht im Winter vor anderen Herausforderungen als eine Kleinstadt mit dichtem Ortskern. Wichtig ist der Blick in die Zukunft: Welcher Bedarf könnte sich durch geplante neue Wohngebiete ergeben?

Natürlich spielt die wirtschaftliche Effizienz eine Rolle: Lassen Sie sich beraten, vergleichen Sie Angebote. Vorsicht beim Kleingedruckten: Man übersieht oft bei günstigen Preisen Nebenkosten für Zubehör und Umbauten. Wenn dann die im Gemeinderat beschlossen Mittel nicht reichen, kann es haarig werden.

Können alte und neue Geräte zusammengespannt werden?

Jein. Gehen Sie nicht grundsätzlich davon aus, es gibt immer wieder unerwartete Probleme, etwa mit den Antriebssystemen. Die Folge können Ausfälle sein. Neben der Kompatibilität sollte auch geprüft werden, wie effizient ein älteres Anbaugerät noch einsetzbar ist. Lassen Sie sich beraten: Vielleicht lohnt es sich, einmal mehr Geld in die Hand zu nehmen, damit Sie dann ein paar Jahre lang Ruhe haben. Und die Altgeräte können in der Regel gut verkauft werden.

Wie schult man das Personal?

Mit einem Traktor fahren zu können, ist eine Sache. Aber es geht auch um einen pfleglichen und korrekten Umgang mit dem Gerät. Bei den meisten Anbietern sind Schulungseinrichtungen Teil des Service. Das ist eine Frage der Sicherheit und der Ressourcen, weil die Wartungs-, Betriebs- und Reparaturkosten sinken. Achten Sie darauf, dass die Schulungen rechtzeitig stattfinden.

Wenn es erst einmal schneit, ist es zu spät.

Was, wenn etwas passiert?

Der Schneepflug hat ein Auto gestreift, ein Gartenzaun hat nun eine Lücke: So etwas kann vorkommen – egal wie vorsichtig der Winterdienstler, die Winterdienstlerin ist. Natürlich haften die Gemeinden im Rahmen der Amts- beziehungsweise Organhaftung auch für diese Schäden, falls der Winterdienst durch Gemeindemitarbeiter erledigt wird. Die Folge ist meist ein heftiger Papierkrieg. Aber die gute Nachricht: In den meisten Fällen sind solche Schäden durch die Versicherung gedeckt.

Kann der Winterdienst ausgelagert werden?

Ja – und das machen immer mehr Gemeinden, ganz oder teilweise. Es gibt zahlreiche Anbieter, darunter auch zum Beispiel den österreichischen Maschinenring, die eigene Winterdienst-Pakete für Gemeinden im Angebot haben. Das kostet, hat aber viele Vorteile. Es ist oft gar nicht so einfach, genügend Personal zu finden, das im Ernstfall binnen einer halben Stunde einsatzbereit ist. Die Sorge entfällt, wenn ein externes Unternehmen damit beauftragt wird. Damit ist auch die Haftung ausgelagert – in den meisten Fällen. Denn wenn jemand eine Dachlawine vom Gemeindeamt auf Haupt donnert, ist nicht das Unternehmen in der Pflicht. Außer man bucht die „Tauwetterkontrolle“ dazu. Aber das kostet natürlich extra.

Was Sie über den Winterdienst wissen müssen

Winterdienst ist Gemeindesache. Dennoch sind Sie nicht für alles verantwortlich. Die Straßen müssen nicht besenrein sein.

  • Eigenverantwortung: Die Gemeinde muss im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit für befahrbare Straßen sorgen. Der Schneedienst muss nicht rund um die Uhr verfolgen. Es gibt eine Eigenverantwortung: Wer ohne Winterreifen zu schnell fährt und einen Unfall baut ist auch verantwortlich.
  • Salz oder Splitt? Grundsätzlich sollte Salz nur bei stark befahrenen Straßen zum Einsatz kommen, Splitt bei Nebenstraßen. Letztlich ist es Ermessenssache. Es kann sinnvoll sein, auf Streuung ganz zu verzichten: Die Autofahrer sind dann vorsichtiger, es gibt weniger Unfälle.
  • Schulung: Achten Sie auf ausreichende Schulung des Personals: Mit einem Traktor fahren zu können, reicht nicht aus. Die meisten Hersteller bieten eigene Schulungen und Nachschulungen für ihre Geräte an.
  • Versicherungsfall: Wenn im Rahmen des Winterdienstes ein parkendes Auto oder ein Zaun beschädigt wird, übernimmt das meist die Versicherung. Aber es ist mit Ärger und lästigem Papierkrieg zu rechnen.

Über diesen Artikel

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 11/2021 der „Bürgermeisterzeitung“ erschienen. Auf der Website buergermeisterzeitung.at erfahren Sie mehr über das Angebot und die Abo-Lösung. Klicken Sie rein.

© Copyright - Kommunalnet