„Es geht nicht darum was man getan hat, sondern immer öfter darum, was einem vorgeworfen wird getan zu haben“.
DER SCHADENFALL
Das Ziel in der Gemeinde ist klar gesteckt – man möchte die zur frei stehenden Flächen gemeinsam mit lokalen Gewerbetreibenden entwickeln und nachhaltig ein kommunales Wirtschafts-Konzept rund um den angedachten Gewerbepark schnüren.
Doch bevor der Spartenstich erfolgen kann sind naturgemäß für derartige Projekte entsprechende Entwicklungsphasen vorgesehen. Wir befinden uns in diesem Fall ganz am Anfang eines solchen Prozesses: Die Idee ist geboren und man beginnt erste Sondierungsgespräche mit spezialisierten Planungsbüros zu führen, wie eine ungefähre Umsetzung aussehen kann, worauf zu achten ist und auf welche Stolpersteine man gefasst sein sollte.
Wir kennen es bereits aus unserem Schadenfall im Innenverhältnis: Der Teufel steckt im Detail – und so auch in diesem Fall!
Nachdem diverse Interventionen und eine durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung das Projekt bereits in den Kinderschuhen ins Stolpern bringen, wird nach einem langen Tauziehen das Projekt als gescheitert erklärt und die Gespräche abgebrochen. Unzählige Stunden an internen Ressourcen wurden aufgewendet um eine mögliche Perspektive für die ungenutzten Flächen und die Gemeinde zu schaffen. Ohne Ergebnis und vorerst ohne weitere Konsequenzen.
Nachdem die entsprechenden Stakeholder über den Projektabbruch informiert wurden, dauert es jedoch nicht lange und ein Forderungsschreiben wird zugestellt. Jedoch nicht wie vermutet an die Gemeinde, sondern an den Bürgermeister persönlich.
Das Planungsbüro wirft dem Bürgermeister in Anlehnung an bestehende OGH-Judikatur vor, dass dieser den Anschein vermittelt habe, ohne einen entsprechenden Gemeinderatsbeschluss gefasst zu haben, auf Basis eines solchen Beschlusses zu handeln.
Das Planungsbüro beruft sich darauf, dass im Vertrauen auf eine entsprechende Befugnis des Bürgermeisters (Gemeinderatsbeschluss) Planungsarbeiten in einem Gesamtausmaß von EUR 42.000,- im Rahmen der vorhin angesprochenen „Sondierungsgespräche“ geleistet wurden. Und diese werden nun aufgrund der Anscheinsvollmacht gemäß den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts vom Bürgermeister eingefordert.
DIE HAFTUNG
Was eingangs danach aussieht als hätte das Planungsbüro aus Frust über den langwierigen Projektabbruch und den demnach nicht erhaltenen Auftrag die Forderung versehentlich an den Bürgermeister anstatt richtigerweise an die Gemeinde zugestellt, wird bei näherer Betrachtung kurzer Hand zu einem möglichen persönlichen Haftungsfall mit uneingeschränktem persönlichem Haftungspotential.
Die rechtliche Grundlage1 lässt sich vereinfacht so darstellen: Das vertretungsbefugte Organ oder der leitende Angestellte (in unserem Fall: der Bürgermeister) wird gegenüber Dritten dann ersatzpflichtig, wenn es den Anschein erweckt (und dieser nicht beseitigt wurde) berechtigterweise für die Gemeinde zu handeln. Dafür wird an das entsprechende Tätigwerden der Maßstab des berufstypischen Verhaltens gelegt und die Frage gestellt ob man sich als Dritter (in dem Fall das Planungsbüro) darauf verlassen hätte können, dass eine entsprechende Berechtigung, beispielsweise in Form des notwendigen Gemeinderatsbeschlusses, vorliegt.
Die Frage ob und inwiefern tatsächlich eine Beauftragung stattgefunden hat oder ob es sich dabei um eine unberechtigte Forderung handelt, da lediglich unverbindliche Erstgespräche geführt wurden, hat hierzu ein Gericht zu beantworten. Konkret handelt es sich um einen Gerichtsprozess, den der Bürgermeister als Privatperson auf eigene Kosten und Risiko führen muss, da im klassischen Versicherungskonzept der Gemeinde persönliche Schadenersatzansprüche in Form von reinen Vermögensschäden keine Deckung finden und darüber hinaus keine D&O Versicherung bestanden hat.
ERKENNTNISSE – WAS ERGIBT SICH DARAUS FÜR DIE PRAXIS
- Bereits der Anschein des Tätigwerdens für die Gemeinde kann zu persönlichen Haftungen für Bürgermeister oder leitende Angestellte führen – Klarheit in der Kommunikation und dem Auftreten sind essentiell!
- Der persönliche Haftungsrahmen beläuft sich sowohl auf die Bereiche der Hoheitsverwaltung als auch der Privatwirtschaftsverwaltung.
- Reine Vermögensschäden und persönliche Schadenersatzforderungen aus der beruflichen Tätigkeit im Außenverhältnis sind in der Regel nicht oder nur zu einem verschwindend geringen Teil in der Gemeinde-Haftpflichtversicherung gedeckt.
- Die D&O Versicherung (die persönliche „Manager-Haftpflichtversicherung“) schützt leitende Angestellte und Gemeindeorgane vor Rückgriffen ins Privatvermögen.
Hinweis: Die Details des Schadenfalls wurden aufgrund laufender Verfahren entsprechend reduziert und/oder verändert.
Erfahren Sie mehr über die speziellen Versicherungslösungen der SIVAG KOMMUNALE und schützen Sie Ihre Gemeinde:
Mail: kommunale@sivag.at
Tel.: +43/7612 88 222 -0
1 Vgl. dazu Kathrein im Rahmen Gemeinde Enquete – Gemeindebund und Justizministerium am 3. Oktober 2017
weiterführend Oppl, Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen – Schutz und Versicherbarkeit im Haftungsfall, in KWG (Hrsg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen sowie
Artmann, Die zivilrechtliche Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen, in KWG (Hrsg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen
– I.WEIPPL (Quelle: Sivag Komunale, Entgeltliche Einschaltung)
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