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Panorama

26.08.2019

Pfaffing, der Ort der Kleriker

Der Name der Gemeinde Pfaffing lässt sofort an die veraltete Bezeichnung für Geistliche denken. Doch welche einschneidenden Erlebnisse spielten sich in Pfaffing in Verbindung mit den Klerikern ab? Und wie passt ein ominöses Würfelspiel in die Chronik des Ortes?

Pfaffing ist eine Gemeinde im oberösterreichischen Bezirk Vöcklabruck und Heimat von rund 1.500 Einwohnern. Doch ist die Kommune im Hausruckviertel, besonders historisch gesehen, gar nicht so friedlich und gottesfürchtig, wie der Name vermuten lässt. Viel eher war das Gebiet der Gemeinde Pfaffing Schauplatz einiger Schlachten und Aufstände, die die Geschichte von ganz Oberösterreich veränderten.

Jahrhundertealte Geschichte

Pfaffing war Teil der römischen Provinz Noricum, was einige Ausgrabungen belegen. Mit Ende der römischen Herrschaft und Zerfall des Reiches zogen viele Römer wieder in den Süden, wodurch im Gebiet der heutigen Gemeinde Platz für aus dem Norden zuziehende Baiern wurde. Die heidnischen Siedler lernten bei den zurückgebliebenen Römern das Christentum kennen, später entwickelte sich das Gebiet zu einer Hochburg des römisch-katholischen Glaubens: Ausgehend vom Kloster Mondsee wurde ein großer Missionsbereich geschaffen, auf was auch die inoffizielle Gründung des Ortes zurückgeht.

Sprachwissenschaftler haben gezeigt, dass es sich beim Ortsnamen tatsächlich um eine Anlehnung an das Wort „Phapho“, später germanisiert zu Pfaffe, handelt, was in der damaligen Zeit einen Vollpriester bezeichnete. Der Name ist also Programm und gibt Aufschluss über den hohen Stellenwert der römisch-katholischen Kirche im heutigen Gemeindegebiet Pfaffings.

Die mitunter namensspendenden „Pfaffen“ ließen sich schon früh im heutigen Gemeindegebiet nieder.

„Würfle um dein Leben!“

Überall dort, wo die Kirche eine solch dominante Position einnimmt, lassen zum Teil kriegerische Auseinandersetzungen nicht lange auf sich warten. Die seit 1517 immer stärker an Fahrt aufnehmende Reformation unter Martin Luther war Anlass für viele, sich von den Lehren der römisch-katholischen Kirche abzuwenden. Der Vatikan versuchte gegenzusteuern, eine Gegenreformation war die Folge: Europa war konfessionell gespalten.

Die zunehmenden politischen Spannungen zwischen den vielen Reichen in ganz Europa wurden so noch um die Komponente des Glaubenskonflikts erweitert. Der Prager Fenstersturz lieferte dann den Anlassfall für das, was später als der Dreißigjährige Krieg in die Geschichte eingehen sollte: Eine kriegerische Auseinandersetzung, die ganz Europa verarmte, verwüstete und entvölkerte.

Sieben Jahre des Krieges waren bereits ins Land geflossen und auch im Lande „Ob der Enns“, im heutigen Oberösterreich, hatte man unter der Auseinandersetzung zu leiden. Die Habsburger mussten das Land als Pfand an die Baiern abtreten, welche die Region schamlos ausbeuteten: Die Bevölkerung verhungerte und nicht einmal in den Armen der Kirche konnten die Leidtragenden Zuflucht finden – die katholischen Baiern setzten alles daran, die Protestanten vom Antlitz der Erde zu tilgen: Die evangelischen Priester wurden aus ihren Kirchen vertrieben und durch katholische ersetzt – so auch in der Pfarre Frankenburg in Pfaffing.

Die vorwiegend protestantischen Bauern des Landes wollten bei diesen Zuständen nicht mehr länger zusehen und planten einen bewaffneten Aufstand. Die Ausschreitungen hatten eingangs Erfolg, doch die Männer waren Bauern, keine Soldaten. Die anfängliche Euphorie war bald verflogen, der Kampfgeist entströmt. Die gut ausgebildeten Kämpfer des Statthalters Adam Graf von Herberstorff drängte die Schar bald zurück und nach dreitägigen Kampfhandlungen erhielten die Rädelsführer das Angebot der Straffreiheit, sollte man sich versammelt am örtlichen Haushamerfeld stellen.

Das Angebot wurde angenommen und somit der Pakt mit dem Tod unterzeichnet: Der 5.000 Mann starke Mob versammelte sich am Haushamerfeld, um sich mit dem bairischen Grafen zu treffen. Doch anstatt wie versprochen Gnade walten zu lassen, war der Aufstand rasch von denSoldaten des Statthalters umstellt und mit einer neuen Forderung konfrontiert: Die Rädelsführer sollen sich zu erkennen geben, denn die Männer soll, entgegen der Vereinbarung, doch eine Strafe treffen.

Die drei Würfel sind symbolisch für das Würfelspiel, bei dem die Männer paarweise um ihr Leben spielen mussten. Das Eichhörnchen mit Tannenzapfen ist vom Wappen der Vorster entnommen, einem wichtigen Adelsgeschlecht, dass in Pfaffing seinen Sitz hatte.

Die 36 Anführer traten dem Grafen entgegen, der ihnen offenbarte, dass sie zu seiner Belustigung um ihr Leben spielen werden: Paarweise eingeteilt würfelten die Männer um ihr Leben, der Mann mit der niedrigeren Zahl wurde hingerichtet. Zwei der Verlierer wurden begnadigt, doch 16 der Aufrührer wurden an Ort und Stelle hingerichtet und später an den Kirchtürmen der Ortschaften aufgehängt. Der Tag ging als das „Frankenburger Blutgericht“ in die Geschichte ein.

Was als Exempel erdacht war, ging aus Sicht des Grafen nach hinten los: Die Männer wurden als Märtyrer gehandelt und waren Vorbild für viele andere. Aufstände im ganzen Landesgebiet machten sich breit, der oberösterreichische Bauernkrieg war in vollem Gange.

Moderne Touristenattraktion

Die wilden Zeit der Gemeinde sind heute natürlich längst vorbei. Doch trotzdemgedenkt man den Vorgängen des Frankenburger Würfelspiels alle 2 Jahre: In einem Laienschauspiel riesigen Ausmaßes, an dem sich fast die ganze Gemeinde Frankenburg beteiligt, werden die Begebenheiten des Frankenburger Blutgerichts, musikalisch von der Stadtkapelle untermalt, zum Leben erweckt – eine Attraktion, die zahlreiche Schaulustige im Frühjahr in die oberösterreichische Gemeinde locken.

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