Immer mehr Gemeinden beschäftigen sich aktiv mit dem Thema Blackout-Vorsorge. Doch wie Praxiserfahrungen zeigen, gibt es noch einiges zu beachten, damit auch eine mögliche Blackout-Bewältigung erfolgreich funktionieren kann. Denn es geht nicht nur um einen bis zu mehrtägigem Stromausfall, sondern um weitreichende und länger anhaltende Versorgungsunter-brechungen, die in vielen Bereichen unterschätzt werden. Wir sollten uns daher auf einen zumindest zweiwöchigen Not- und Krisenbetrieb einstellen und diesen vorbereiten. Auf das ist jedoch kaum jemand vorbereitet, was fatale Folgen für die Krisenbewältigung haben könnte.
Kürzlich wurde von der Universität Wien bestätigt, was seit Jahren bekannt ist: „Die österreichische Bevölkerung setzt auf den Staat, weniger auf Eigenvorsorge“ (https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog114/). Die Bevölkerung bringt den staatlichen Einrichtungen großes Vertrauen bei der Krisenvorsorge entgegen und erwartet, dass der Staat – wer auch immer damit gemeint ist – selbst in einem akuten Katastrophenfall wie in Folge eines Blackouts die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, die medizinische Versorgung, die öffentliche Sicherheit sowie die Energie- und Wasserversorgung gewährleisten kann. Nur ein Drittel der Bevölkerung hätte demnach ausreichend Lebensmitteln und Medikamenten für mehrere Wochen vorrätig.
Viele Problemfelder entdeckt
Ein hohes Vertrauen ist grundsätzlich sehr erfreulich. Jedoch ist fraglich, ob diese Erwartungen im Fall eines Blackouts erfüllbar sein werden. Wenn nicht, wäre ein massiver Vertrauensverlust vorprogrammiert. Daher erfordert eine kommunale Krisenvorsorge eine aktive Aufklärungsarbeit, was in der Gemeinde sichergestellt und noch wichtiger, was nicht sichergestellt werden kann, damit sich die Menschen vorbereiten und darauf einstellen können. Auf keinen Fall darf die psychische Komponente unterschätzt werden. Diese ist für eine erfolgreiche Krisenbewältigung sogar unverzichtbar. Das betrifft auch das eigene Personal, das dann handlungsfähig bleiben muss, um Systeme wieder hochzufahren. Dies kann nicht oft genug wiederholt werden, da hier nach wie vor die größten Mängel zu beobachten sind.
Wie sich in unzähligen kommunalen Praxisprojekten gezeigt hat, gibt es eine ganze Reihe von Problemfeldern, auf die stärker geachtet werden sollte. So fehlt etwa in vielen Gemeinden ein Krisen- und Notfallplan für den Fall, dass die Wasserversorgung ausfallen sollte. Eine kürzlich durchgeführte Gemeindebefragung in Oberösterreich hat etwa ergeben, dass in 170 von 383 teilgenommenen Gemeinden keine Notstromversorgung für die Trinkwasserversorgung zur Verfügung steht. Sollte die Wasserversorgung ausfallen, wird eine Krisenbewältigung fast unmöglich. Dieser Fall darf nicht eintreten, auch wenn nicht alle Bereiche abgesichert werden müssen. Die Einschränkungen müssen aber klar und offen an die Bevölkerung kommuniziert werden, damit sich diese darauf vorbereiten kann. Beim Abwasser sieht es noch schlechter aus. Hier fehlen die entsprechenden Dokumentationen, wie z. B. eine Hebewerk-Tabelle, und die notwendigen Vorkehrungen für einen Notbetrieb. Bei der Abwasserentsorgung sind in der Regel noch mehr Probleme als bei der Wasserversorgung zu erwarten. Gleichzeitig ließe sich oft durch einfache Vorbereitungsmaßnahmen eine Eskalation verhindern.
Krisenstäbe besser organisieren
Auch wenn es in jeder Gemeinde einen definierten Krisenstab geben sollte, ist das die Ausnahme, was sicher auch mit der jeweiligen Gemeindegröße zusammenhängt. Dazu gehört auch ein definierter und bekannt gegebener Ort, wo sich der Krisenstab trifft und eine entsprechende Ausstattung. Seitens des BMI/SKKM oder der Bundesländer werden auch entsprechende Ausbildungskurse angeboten. Häufig fehlt auch eine Notstromversorgung. In einigen Regionen und Bundesländer werden mittlerweile die Rüsthäuser der Feuerwehren mit Notstromaggregaten ausgestattet. Standard ist das jedoch noch nicht.
Zudem fehlt oft noch das Wissen um die tatsächliche Tragweite eines Blackouts. Entsprechende organisatorische Vorbereitungen sind daher häufig nur in Ansätzen vorhanden, oder hängen von Einzelpersonen ab. Dies stellt generell eine große Heraus-forderung dar, da es in vielen Bereichen Top-Spezialisten gibt, die alles wissen und im Regelbetrieb dafür sorgen, dass Probleme rasch und professionell behoben werden. Daher gibt es auch häufig wenige Dokumentationen dazu. Fällt aber diese Person aus, fehlt auch das Wissen. Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass es bei einem Blackout um eine länger andauernde Krisenlage geht, wo sich die Personen auch einmal ausruhen müssen. Da ein Wissenstransfer oft nur eingeschränkt möglich ist, sind in vielen Bereichen beim Wiederanlauf größere Probleme zu erwarten. Denn auch die externen Dienstleister können dann nicht überall gleichzeitig sein. Daher wäre es sinnvoll, bereits jetzt bestimmte Prioritäten zu definieren und zu vereinbaren. Wo immer es möglich ist, sollten Synergien genutzt werden. Dazu gehört auch, dass wichtiges Grundlagenwissen auf mehrere Personen verteilt werden sollte, sodass im Krisenfall zumindest eine rudimentäre Redundanz sichergestellt werden kann.
Notstromversorgung muss ausgebaut werden
Bei den meisten Ortsstellen von Rettungsorganisationen oder der Polizei gibt es keine Notstromversorgung. Diese werden daher nur eingeschränkt handlungsfähig sein. Zudem ist bei vielen Einsatzorganisationen zu beobachten, dass die übergeordneten Vorbereitungen und Pläne nicht bekannt sind.
Bei den meisten Senioren- und Pflegeeinrichtungen steht keine Notstromversorgung zur Verfügung. Je nach Ausgangslage ist daher binnen kürzester Zeit mit Eskalationen zu rechen. Konkrete Notfallpläne für ein Blackout, wo eine Evakuierung oder externe Hilfe kaum möglich sein werden, gibt es kaum. Das Gleiche gilt für mobile Pflegedienste, wo beim Pflegepersonal nur selten konkrete Pläne bekannt sind.
Auch bei Arztpraxen und Apotheken sieht es nicht wesentlich besser aus. Aber gerade diese sind besonders wichtig, um möglichst lange eine dezentrale Notversorgung aufrechterhalten zu können. Nur so kann eine rasche Überlastung von Krankenhäusern verhindert werden, da diese auch nur sehr eingeschränkt handlungsfähig bleiben werden.
Kaum eine Gemeinde hat bisher einen Kommunikationsplan, wie ohne die üblichen Telekommunikationsmittel die Verbindung zu den einzelnen wichtigen Stellen aufrechterhalten werden kann. Die Bevölkerung weiß nicht, wohin sie sich im Krisenfall wenden kann. Daher werden die Feuerwehrhäuser automatisch zu Anlaufstellen, worauf man sich vorbereiten muss. Der Einsatz der BOS-Funkgeräte im Direct Mode werden selten geübt.
Unternehmen werden selten in die Krisenvorbereitung eingebunden. Viele reagieren auch nicht darauf. Andere wiederum würden Hilfe und Ressourcen anbieten, wenn man sie fragen würde.
Damit bleibt noch viel zu tun, damit wir krisenfit werden. Die Krisenbewältigung in Folge eines Blackouts wird sich wesentlich schwieriger darstellen als in Folge der Corona-Krise. Ohne Vorbereitung droht bereits nach wenigen Tagen eine unfassbare gesellschaftliche Katastrophe. Das haben wir als moderne Gesellschaft nicht notwendig und können wir uns auch nicht leisten.
-H. SAURUGG
Derzeit laufen die Vorbereitungen, um im Herbst gemeinsam mit dem Lebensmitteleinzelhandel eine bereite nationale Aufklärungs- und Vorsorgekampagne zu starten. Federführend ist die Österreichische Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV). Sie wird dabei unter anderem vom Österreichischen Städtebund unterstützt.
Über den Autor
Herbert Saurugg ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) und Autor zahlreicher Fachpublikationen. Seit 10 Jahren beschäftigt er sich mit der steigenden Komplexität und Fragilität lebenswichtiger Infrastrukturen sowie mit den möglichen Lösungsansätzen, wie die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wieder robuster gestaltet werden kann. Er unterstützt auch Gemeinden, Unternehmen und Organisationen bei der Blackout-Vorsorge. Mehr Infos gibt es auf: www.saurugg.net
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