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Bundesländer

17.02.2022

Weitgehende Lockerungen ab 5. März, Tests werden hinterfragt

In Österreich werden ab 5. März die meisten Corona-Maßnahmen fallen gelassen. Die Regierungsspitze kündigte am Mittwoch – nach Beratungen mit den Ländern und der Gecko-Kommission – weitgehende Lockerungsschritte an. Diese bringen ein komplettes Aus für die G-Regeln (ausgenommen sensible Bereiche). Die Sperrstunde wird aufgehoben, die Nachtgastronomie darf öffnen. Die FFP2-Maskenpflicht bleibt in Öffis, Supermarkt und Co. Das breitflächige Testen wird infrage gestellt.

Ungeachtet der aktuell weiterhin hohen Neu-Infektionszahlen (38.000 Fälle am Mittwoch bei leicht sinkender Tendenz gegenüber den beiden Vorwochen) hat sich die Regierung mit den Ländern auf umfangreiche Lockerungen verständigt. Ab 5. März dürfen auch Ungeimpfte sämtliche Bereiche betreten, die bisher von den 2G- bzw. 3G-Regelungen umfasst waren – und das dann ohne Test. Gastronomie, Hotellerie und Co. können damit künftig wieder von allen besucht werden – und das ohne jeglichen Nachweis. In höchst vulnerablen Bereichen (Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser) bleibt die 3G-Regel für Mitarbeiter und Besucher bestehen.

FFP2-Pflicht bleibt in einigen Bereichen aufrecht

Die FFP2-Pflicht bleibt in einigen Bereichen aufrecht: In öffentlichen Verkehrsmitteln und Haltestellen, im lebensnotwendigen Handel (Apotheken, Lebensmitteleinzelhandel, Banken, Postgeschäftsstellen, etc.) ist weiterhin die FFP2-Maske zu trage, ebenso in Spitälern, Altenheimen und Krankenhäusern. Ansonsten gilt für geschlossene Räume eine „Empfehlung“ zur FFP2-Maske.

Wie schon zuvor angekündigt dürfen Ungeimpfte aber auch bereits vor diesen großen Lockerungen wieder in Gastronomie und Co. Denn bereits am 19. Februar endet wie geplant in ganz Österreich die 2G-Regel. Bis zum 5. März brauchten Ungeimpfte allerdings einen gültigen Corona-Test zum Eintritt. Diese Umstellung aller 2G-Settings auf 3G gilt neben der Gastronomie und Hotellerie u.a. auch für die körpernahen Dienstleister, in Sportstätten und Seilbahnen und bei Veranstaltungen. Wien hat allerdings im Vorfeld bereits klargemacht, dass in der Bundeshauptstadt die 2G-Regel beibehalten wird.

„Der Ausblick zeigt uns, dass wir vorsichtig und bedacht aber mit Nachdruck Stück für Stück uns die Freiheit zurückholen, die uns das Virus genommen hat“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer . „Wir müssen die Zeit, die jetzt uns gegeben ist, dafür nutzen, pandemische Entwickelung zu monitoren und Teststrategie zu überarbeiten“ Gleichzeitig warnte er auch: „Wir haben die Pandemie noch nicht überwunden. Das Virus ist noch immer Teil unseren Lebens.“

Ähnlich äußerte sich auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein: „Die aktuelle Lage scheint uns ein würdiges Frühlingserwachen aus dem eingefahrenen Krisenmodus zu ermöglichen. Wir können die Maßnahmen Schritt für Schritt auf Standby schalten. Das heißt nicht, dass die Pandemie bereits vorbei ist. Diesen Fehler dürfen wir nicht erneut machen“, erinnerte er daran, dass die Regierung bereits im Sommer 2021 die Pandemie für Geimpfte für überstanden erklärt hatte. „Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass wir in den kommenden Monaten keine strengeren Maßnahmen benötigen, das hat uns das Virus schon gelehrt.“

Infrage gestellt wird seitens der Regierung das breitflächige Gratis-Testen: „Viele Experten und Expertinnen raten auch beim Testen zu einem Paradigmenwechsel“, sagte Mückstein. Das nicht zielgerichtete Testen von vollimmunisierten Menschen müsse hinterfragt werden. „Symptomfreie, geboosterte Menschen regelmäßig zu testen macht wenig Sinn und kostet viel Geld.“ Man werde auf Basis von Experten-Einschätzungen in diesem Bereich „nachschärfen“, kündigte er an, ohne ein Datum zu nennen. Bis 31. März bleibe das Testen aber jedenfalls aufrecht und auch gratis. Zur Frage des weiteren Vorgehens bei den Schul-Tests hielt sich Mückstein bedeckt und verwies auf Bildungsminister Martin Polaschek.

An der Impfpflicht halte die Regierung „selbstverständlich“ fest, betonte Mückstein. Er verwies auf die im Impfpflicht-Gesetz vorgesehenen Expertenkommission, die die Umsetzung begleiten soll. Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil hatte zuvor gegenüber der APA erklärt, zur Impfpflicht werde vor 15. März eine Kommissionsentscheidung in Aussicht gestellt, die möglicherweise zu einer temporären Aussetzung der Impfpflicht führt. Die Kommission werde gerade gebildet, sagte Nehammer. Mückstein betonte, dass eine hohe Durchimmunisierungsrate notwendig sei, „damit wir im Herbst nicht von einer neuen Variante überrascht werden“.

Landeshauptleute mit Öffnungsschritten zufrieden

Grundsätzlich zufrieden mit dem für März angekündigten Aus der meisten Corona-Maßnahmen haben sich die Landeshauptleute gezeigt. Dem steirischen Landeschef Hermann Schützenhöfer bereitet die komplette Öffnung allerdings durchaus „ein bisschen Bauchweh“. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer möchte vor dem 5. März noch einmal den Rat der Wissenschafter einholen. Für Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ist einiges offen geblieben.

„Wir werden die Freiheit zurückbekommen, von der wir schon zwei Jahre reden“, meinte Schützenhöfer zur APA. Die großen Öffnungsschritte hätten mit einer stabilen Lage in den Krankenhäusern zu tun – „das ist und bleibt das Wichtigste“. Deshalb „können wir uns aus den Einschränkungen befreien“. Expertinnen und Experten, die bei dem virtuellen Treffen dabei waren, hätten auf seine Frage hin gemeint, dass es kein Pyrrhussieg sei, die Lockerungen seien vertretbar. Die Durchimpfungsrate sei gut genug, aber man müsse sie weiter steigern. Für Ungeimpfte seien die Öffnungsschritte so gesehen eine „goldene Brücke“, um sich ohne Druck impfen zu lassen.

Das alles sei durchaus in seinem Sinne, erklärte Schützenhöfer. Aber „ich habe schon ein bisschen Bauchweh wegen der kompletten Öffnung am 5. März, aber wer wagt gewinnt, und wenn das zu einer Aufwärtsentwicklung der Sonderklasse bei der Infektionen führen würde, müsste man sowieso handeln. Aber man hat sich nun mal dazu entschlossen, einen größeren Schritt zu wagen.“

In Salzburg gab man sich mit dem Ergebnis des heutigen Gipfels in einer ersten Stellungnahme zufrieden: „Wir begrüßen, dass es jetzt Klarheit gibt, was den Pfad der Öffnungen mit 19. Februar und 5. März betrifft“, erklärte Haslauers Sprecher gegenüber der APA. Salzburg werde aber vor dem 5. März noch eine eigene wissenschaftliche Schleife einziehen, um auf die individuelle Corona-Situation in Salzburg einzugehen. Die vom Bund gesetzten Maßnahmen würden nur die Unterkante festlegen, das Bundesland könne noch eigene Maßnahmen setzen, falls diese erforderlich seien.

Der internationalen Expertenkommission, welche die Situation in Salzburg beleuchten soll, gehören auch ein Aerosol-Spezialist und ein Soziologe an. Falls die Wissenschafter zu dem Schluss kommen, dass andere Maßnahmen notwendig sind, würden diese rechtzeitig vor dem 5. März der Öffentlichkeit mitgeteilt, hieß es.

Was die Teststrategie betrifft, sprach sich Haslauer dafür aus, dass der Bund eine einheitliche Lösung findet. Für sensible Bereiche sollten die Tests weiterhin kostenlos sein. „Mein Zugang ist, dass die behördlichen Tests und dort, wo man sie unbedingt braucht, kostenlos bleiben. Alle anderen, freiwilligen Testmöglichkeiten sollten nicht mehr gratis angeboten werden“, erklärte Haslauer.

Prinzipiell begrüßte auch Doskozil die Öffnungsschritte, im Burgenland sei eine klare Entspannung der Lage erkennbar. Keinesfalls dürfe man dieselben Fehler wie letztes Jahr machen. Viele Expertinnen und Experten seien sich einig, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Verschärfung der Lage im Herbst realistisch ist. Es sei daher ein klarer Fahrplan für die nächsten Monate notwendig. Das Burgenland werde so eine Strategie präsentieren, versicherte Doskozil.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter sprach auf APA-Anfrage von einer „fast vollständigen Rückkehr zur Normalität“. Die Entscheidung der Bundesregierung sei „vollkommen richtig“, so Platter und verwies auf milde Omikron-Krankheitsverläufe sowie eine stabile Lage in den Spitälern – vor allem auf den Intensivstationen. Es bestehe keine Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystem – dieses „erfreuliche Lagebild“ habe die Expertenkommission Gecko bei den Beratungen gezeichnet. „Weil das Virus aber nicht komplett verschwinden wird“, müsse man trotz Lockerungen weiterhin wachsam bleiben und die Situation im Auge behalten. Die Eigenverantwortung werde auch in den kommenden Wochen und Monaten eine große Rolle spielen – so wie auch das Impfen. „Ganz entscheidend wird der vierte Stich vor der kalten Jahreszeit sein, um bestmöglich für den Winter gerüstet zu sein“, betonte der Landeshauptmann.

– REDAKTION

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