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16.08.2021

Gemeinde-Fusionen kosten Geld und Wählerstimmen

Effizienzsteigererungen, eingesparte Verwaltungsausgaben und eine deutliche Steigerung des Service- und Dienstleistungsangebotes für Bürgerinnen und Bürger: Die Ziele der großen Steiermärkischen Gemeindestrukturreform waren hoch gesteckt. Während in der Folgezeit tatsächlich einige Gemeinden davon profitierten, lief nicht jede Gemeindefusion damals reibungslos oder gar ganz freiwillig ab.

Die Kehrseite der (teilweisen Zwangs-) Fusionierungen: 2.500 Gemeinderäte mussten ihren Posten räumen. Ein weniger schmeichelndes Licht zeigt auch die investigative Recherche des Addendum-Magazins gemeinsam mit der Kleinen Zeitung aus dem Jahr 2019: In 91 Prozent aller durch die Gemeindestrukturreform fusionierten Gemeinden seien die Verwaltungskosten pro Kopf nach der Reform höher als davor, auf den wichtigsten Kostenstellen zeigten sich kaum Einsparungen.

Mehr Abschreckung als Vorbild

Aus den Strukturreform wurde in anderen Bundesländern vor allem eine Lehre gezogen: Gemeindezusammenlegun­gen sind ein Garant, Wählerstim­men zu verlieren. Heute fusionieren in Österreich nur vereinzelt Gemeinden, und das auf freiwilliger Basis. In Oberösterreich etwa legte man Bemühungen, aus sehr kleinen Gemeinden größere Einheiten zu machen, wieder auf Eis. Man setze auf Freiwilligkeit und Kooperatio­nen, heißt es.

Der Präsident des Oberösterreichischen Gemeindebundes, Hans Hingsamer, bestä­tigt gegenüber den OÖ Nachrichten: „Vor allem kleinere Gemeinden haben Angst, nach einer Fusion unter die Räder zu kommen. Deshalb ist gerade in kleineren Einheiten der Widerstand da­gegen besonders groß.“ Auch er plädiert eher für Zusammenar­beit, auch um Fusionen zu verhin­dern: „Je besser und intensiver die Gemeinden zusammenarbeiten, desto weniger besteht die Gefahr, dass irgendwann von oben eine Zusammenlegung beschlossen wird“, so Hingsamer zu den OÖN.

Wo das Geld wächst …

Doch auch in Oberösterreich werden hie und da noch Rufe nach Fusionen laut; vorderste Begründung: Es sei kosteneffizienter. Für eine bessere Planbarkeit und ein Ende der Bittstellerei um Landesmittel wurde schließlich statt Zwangsfusionen die Gemeindefinanzierung neu ins Leben gerufen. Auf die Budgetsituation wirkte sich das
positiv aus, wie Zahlen der Statis­tik Austria zeigen: 2008 hatten die oberösterreichischen Gemeinden im Bundesvergleich das höchste Defizit in Summe, 2018 das größte Plus.

Zwar gab es auch Kritik an den Kriterien, nach denen die Be­darfsmittel nun vergeben werden, aber alles in allem sei die Neu­strukturierung der Finanzen posi­tiv, so Hingsamer.
Das Thema Gemeindeautonomie sieht er zwiespältig: .,In Teilberei­chen sind die Gemeinden sehr frei selbst und autonom zu entscheiden, aber in anderen Bereichen ist man sehr abhängig vom Land.“ Ein notwendiger Schritt zu mehr Ei­genständigkeit ist die immer wie­der von Gemeinde-und Städte­bund geforderte Aufgabenberei­nigung: Jene Ebene, die entschei­det, finanziert auch.

Ein Beispiel wäre, die Kinderbe­treuung gänzlich in die Hand der Gemeinden zu legen, die Kranken­anstaltenfinanzierung nur auf Landesebene zu belassen. Eine Ge­legenheit dafür wäre der nächste Finanzausgleich. Große Hoffnung hat Hingsamer aber nicht: ,“Meist erfoglen diese Aufgabenbereinigen in sehr kleinen Schritten“, bedauert er.

-E.AYAZ, (Quelle: OÖN, Addendum, Redaktion)

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