Recht

28.07.2021

Neues Abfallwirtschaftsgesetz auf Schiene

Nach langen Verhandlungen wurde die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes in Begutachtung geschickt. Die Frist für die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht läuft bald ab. Die Zeit drängt, denn letztlich gilt es, binnen weniger Jahre ambitionierte Ziele und Quoten zu erfüllen.

Ausgangspunkt für die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes ist die notwendige Umsetzung des sogenannten EU-Kreislaufwirtschaftspakets und der Single-Use Plastic (SUP) Directive (EU-Einwegkunststoff-Richtlinie). Ersteres gibt eine ganze Reihe von Zielen vor, die es in den nächsten Jahren zu erreichen gilt. Letztere legt Ziele und Maßnahmen im Bereich Einwegkunststoffprodukte und -abfälle fest.

Strittig war und ist nach wie vor die Frage, ob nur im Wege eines Pfandes die getrennte Sammelquote bei Einwegkunststoffgetränkegebinden (77 Prozent bis zum Jahr 2025; 90 Prozent bis zum Jahr 2029) erreicht werden kann.

Die vorgesehene Novelle schlägt nun den Weg einer Forcierung von Mehrweggetränkeverpackungen ein. So wird als Ziel definiert, dass bis 2025 die Mehrwegquote auf 25 Prozent gesteigert wird.

Im Lebensmitteleinzelhandel (mit Verkaufsflächen über 400 m²) werden derzeit pro Jahr etwa 2,5 Milliarden Liter oder rund 3,1 Milliarden Stück Getränke abgesetzt. Gemäß Entwurf obliegt es dem Lebensmitteleinzelhandel, durch Preis- und Sortimentgestaltung, Produktplatzierung sowie Marketing den Anteil an Mehrwegverpackungen zu erhöhen.

Zudem soll der Lebensmitteleinzelhandel ab 2024 verpflichtet werden, Getränke zu einem bestimmten Anteil in seinem Sortiment in Mehrweggebinden anzubieten (so etwa Bier und Biermischgetränke zu mindestens 60 Prozent oder Mineralwasser zu mindestens 20 Prozent).

Reduzierung und Verbot von Einwegkunststoffen

Laut Gesetzesentwurf sollen bis zum Jahr 2025 Einwegkunststoffverpackungen um 20 Prozent reduziert werden. Im Einvernehmen mit der Wirtschaftsministerin kann die Umweltministerin (erforderlichenfalls) hierfür Pflichten für Gebietskörperschaften, Hersteller, Sammel- und Verwertungssysteme, Abfallsammler etc. festlegen, wobei hier unklar ist, welche Pflichten Gebietskörperschaften und damit auch Gemeinden auferlegt werden sollen, die zu einer Reduktion von Einwegkunststoffen führen sollen.

Weitere Pflichten sollen Herstellern und Inverkehrsetzern im Zusammenhang mit Kennzeichnungs- und Hinweispflichten auferlegt werden. So müssen bestimmte Einwegprodukte auf ihrer Verpackung oder auf dem Produkt selbst den Hinweis enthalten, dass das Produkt Kunststoff beinhaltet (mitsamt Information über Entsorgungsarten). Vorgaben gibt es auch im Hinblick auf die Kennzeichnung von Produkten, ob diese Einweg- oder Mehrwegprodukte sind. Darüber hinaus muss im Lebensmitteleinzelhandel eindeutig auf Einweg- oder Mehrweg­getränkeverpackungen hingewiesen werden.

Seit 3. Juli 2021 ist für viele Einwegkunststoffprodukte überhaupt Schluss. Mit diesem Zeitpunkt wurde das Inverkehrsetzen etwa von Wattestäbchen, Besteck, Tellern, Trinkhalmen, Luftballonstäben und einigen anderen Einwegkunststoffprodukten verboten.

Erweiterte Herstellerverantwortung

Festgelegt werden soll – nach Maßgabe einer Verordnung – die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem auch für Hersteller von Einwegkunststoffprodukten und von Fanggeräten, die Kunststoff enthalten.

Zudem soll ebenso im Sinne einer Erweiterung der Herstellerverantwortung per Verordnung die Übernahme von Kosten von Reinigungsaktionen von Abfällen bestimmter Produkte festgelegt werden (Littering). Nachdem Einwegplastikprodukte häufig gelittert bzw. achtlos weggeworfen werden, ist eine Mitverantwortung der Hersteller für derartige Produkte bzw. Abfälle sinnvoll und notwendig.

Nachdem die SUP-Richtlinie aber eine Herstellerverantwortung nicht nur hinsichtlich bestimmter (Einwegkunststoff-)Abfälle vorsieht, die achtlos weggeworfen werden, sondern auch hinsichtlich bestimmter (Einwegkunststoff-)Abfälle, die in öffentlichen Müllbehältern entsorgt werden, bedarf es auch einer fundierten Grundlage im AWG für die Abgeltung jener Kosten, die durch die Bereitstellung der Infrastruktur, der Sammlung und Behandlung dieser Abfälle entstehen.

Zwar wurde dieser Punkt in der derzeit ebenso einem Begutachtungsverfahren unterzogenen Verpackungsverordnung verankert, notwendig ist aber, dass Verordnungsbestimmungen in einem Gesetz (Verordnungsermächtigung) möglichst zweifelsfrei Deckung finden.

Einheitliche Sammelsysteme gefordert

Nicht Gegenstand der Novelle ist die Vereinheitlichung der Sammelsysteme. Derzeit existieren österreichweit, aber auch innerhalb der Bundesländer sehr unterschiedliche Sammelsysteme. Die Kommunikation mit dem Bürger und die Sensibilisierung der Bürger ist dadurch um ein Vielfaches schwieriger. Durch die unterschiedlichen Sammelsysteme leidet auch das Verständnis und die Akzeptanz des Bürgers (etwa eines Pendlers).

Regionale Unterschiede zwischen Wien und dem Umland, zwischen Nachbarbezirken und -orten kann man der Bevölkerung sachlich und logisch nicht erklären, weshalb es notwendig ist, die Grundlagen im AWG für ein einheitliches Sammelsystem – wenn nicht österreichweit, dann zumindest bundeslandweit – zu schaffen.

Damit verbunden wäre eine österreichweite einheitliche Öffentlichkeitsarbeit vom Schulkind bis zum Pensionisten mit geeigneten Kampagnen, Sammelbehältern, Beschriftungen usw. Letztlich hängt es von der Zustimmung und vom Verständnis des Bürgers ab, ob etwa die Sammelmenge aller LVP (Leichtverpackungen) von derzeit knapp 50 Prozent auf die für die Quotenerfüllung erforderlichen 80 Prozent gesteigert werden kann.

Getrennte Sammelquote Kunststoffgetränkeflaschen

  • bis zum Jahr 2025: 77 Prozent
  • bis zum Jahr 2029: 90 Prozent

Recyclingquote Kunststoff-Verpackungen

  • bis zum Jahr 2025: 50 Prozent
  • bis zum Jahr 2030: 55 Prozent

Recyclingquote Siedlungsabfall

  • bis zum Jahr 2030: 60 Prozent
  • bis zum Jahr 2035: 65 Prozent

Rezyklatquote Getränkeflaschen

  • bis zum Jahr 2025: 25 % Rezyklatanteil
  • bis zum Jahr 2030: 30 % Rezyklatanteil

-B. HAUBENBERGER

Über den Autor

Bernhard Haubenberger ist Fachreferent in der Abteilung Recht und Internationales des Österreichischen Gemeindebundes.

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